Desomorphin ist ein synthetisch hergestelltes Opioid. Das Schmerzmittel hat ein starkes Abhängigkeitspotential und ist in Deutschland als nicht verkehrsfähiges Betäubungsmittel eingestuft. Wird Desomorphin intravenös verabreicht, setzt eine ca. zwei bis drei Stunden anhaltende Rauschwirkung ein.
In jüngerer Zeit mehren sich Berichte über Opiatabhängige in Russland, die selbst hergestelltes Desomorphin (Szenename „Krokodil“ oder auch „Kroks“) konsumieren (siehe z.B. The Independent, 22.06.2011 und Spiegel Online, 09.07.2011) . Die Droge kann aus (in Russland rezeptfrei erhältlichen) Codein-haltigen Hustenmitteln, Feuerzeugbenzin, rotem Phosphor und anderen Haushaltschemikalien gewonnen werden. Die bei der Herstellung verwendeten Chemikalien wirken toxisch und führen bei der Injektion der gewonnenen Substanz zu schweren Gewebeschäden. Neben den äußerlich festzustellenden Abszessen und Nekrosen, treten – bei anhaltendem Konsum – fatale Organschädigungen auf; das Phosphor der selbst hergestellten Droge zersetzt die Knochen. Die Gewebe-zersetzende Wirkung brachte der Droge ihren Szenenamen ein.
„Kroks“ findet unter russischen Opiatkonsumenten bereits seit Jahren rasche Verbreitung und ist als das „Heroin des armen Mannes“ bekannt. „Kroks“ ist für einen Bruchteil des Preises für Heroin herzustellen. Der russische Schwarzmarktpreis für Heroin ist aufgrund der drogenpolitisch erwirkten Verknappung des Stoffes stark gestiegen.
Dr. med. Robert Hämmig, Präsident der Schweizerischen Gesellschaft für Suchtmedizin (SSAM) kommentiert das mediale Echo auf die Verbreitung von „Krokodil“ daher vollkommen korrekt:
Also: das aktive Wirkprinzip in der Droge „Krokodil“ ist Desomorphin, einfach ein weiteres Opioid vom Morphintyp. Die beobachteten Schädigungen der Konsumenten sind nicht Folge der Substanz, sondern sind Kollateralschäden der Prohibition.
(„Krokodil“ frisst Löcher in den Verstand)
Dokumentarfilm „Krokodilstränen“
Auf VICE ist ein ausgesprochen sehenswerter Dokumentarfilm über Heroinkonsumenten in Russland erschienen. Die vierteilige Sendung dokumentiert den Alltag Opiatabhängiger unverstellt und berichtet dabei auch über die Erfahrungen der Abhängigen mit „Kroks“.
Direktlinks zur Dokumentation:
„Kroks“ auch in Deutschland?
Mitte Oktober informierte die Drogenhilfe Bochum über vier mögliche Verdachtsfälle. Opiatabhängige hatten den Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Drogenhilfeeinrichtung berichtet, vermeintliches Heroin erworben zu haben. Die Injektion der erworbenen Substanz löste erwartungsgemäß einen Rauschzustand aus – zugleich war aber zeitnah eine ungewöhnlich schwere Abszessbildung zu beobachten.
Möglicherweise ist diese unerwartet schwere Nebenwirkung auf eine Vermischung des erworbenen Heroins mit Desomorphin zurückzuführen.
Die Deutsche Gesellschaft für Suchtmedizin hat in einem Infobrief die wichtigsten Informationen zu den Verdachtsfällen zusammengestellt.