Zur (literarischen) Konstruktion eines Serienmörders:
Dr. Susanne Scholz, Professorin für englische Literatur und Kultur an der Goethe Universität Frankfurt, analysiert in ihrem Aufsatz „Am Anfang war die Tat? – Kulturelle Phantasmen und die Projektionsfigur »Jack the Ripper«“ die kulturelle Konstruktion eines Serienmörders am Beispiel von Jack the Ripper. Die Autorin argumentiert, dass durch die mediale Berichterstattung und das große öffentliche Interesse an den Prostituiertenmorden mit „Jack the Ripper“ ein Verdichtungssymbol geschaffen wurde, das als Projektionsfigur für gesellschaftliche Ängste und Unsicherheiten fungierte. Die kollektive Unsicherheit in Zeiten eines gesellschaftlichen Wandels finden durch die Konstruktion des pathologisch Monströsen ein Ventil.
In solchen Situationen dient der Serienmörder als Projektionsfigur eines Bösen, das gleichzeitig außen und innen platziert ist, einer Unmoral, die als direkte Konsequenz der moralischen Verwahrlosung der Nation oder Kultur wahrgenommen wird und die quasi von dieser selbst hervorgebracht worden ist. Spürt man nun den einzelnen Komponenten dieser Konstellation nach, so finden sich insbesondere drei Momente, die in allen Serienmord-Narrativen eine konstitutive Rolle spielen:
- Furcht vor und gleichzeitig Faszination an der städtischen Unterwelt, die auch als schmutziges Unterbewusstes der Zivilisation verstanden werden kann
- eine geradezu morbide Faszination an der Forensik, in den Forschungen über Atavismen (Wiederauftreten
von Merkmalen der Vorfahren, die den unmittelbar vorgehenden Generationen fehlen) und städtische Degeneration- eine funktionierende Massenpresse.