Zum Sommersemester 2018 laden Centre Marc Bloch und WZB zur gemeinsamen Veranstaltungsreihe „Wer gehört dazu? Grenzziehungen durch Recht“ ein.
Grenzziehungen sind fundamentale Effekte modernen Rechts, die in- und exkludieren, differenzieren und identifizieren. Sie finden überall dort statt, wo das Recht Menschen mit unterschiedlichen Ansprüchen und Teilhabechancen versieht. Ob auf der Ebene des Gesetzestextes, des RichterInnenspruchs oder der Klageschrift – Grenzen im Recht vermögen (gestaffelte) Zugehörigkeiten und Nicht-Zugehörigkeiten zu markieren, Unterschiede zwischen verschiedenen Gruppen von Menschen zu etablieren und Menschen auf bestimmte Identitäten festzulegen. Rechtlichen Grenzziehungen kommt dabei eine enorme Ausstrahlungskraft zu: Sie sind nicht allein zwangsbewehrt, sondern als symbolisch operative Regulierungsmechanismen schreiben sich auch in die soziale Welt ein: Ihnen kommt eine geradezu schöpferische Magie zu, eine logische wie moralische Übereinkunft über soziale Ordnungen zu etablieren. Rechtliche Grenzziehungen sind deshalb nicht mit der Sphäre des Rechts gleichzusetzen. Sie strukturieren den Blick auch auf die Welt mit und setzen sich in ihr fort. Rechtliche Grenzziehungen schreiben sich darüber hinaus in soziale und kulturelle Kategorisierungen ein. Sie finden sich wieder (und führen ein Eigenleben) etwa in Grenzen der kulturellen Akzeptanz, der Toleranz oder des Verstehens. Als solche vermögen sie mitunter offizielle Inklusionen in faktische Exklusionen zu verwandeln. Gerade aufgrund des einschränkenden, exkludierenden und identifizierenden Charakters rechtlicher Grenzziehungen wird gegen diese aber immer wieder auch opponiert. Wer zu einer Gesellschaft dazugehören darf, ist äußerst umkämpft – ob im Recht, oder in der Gesellschaft selbst. Rechtliche Grenzziehungen unterliegen deshalb stetig Verschiebungen.
Vor diesem Hintergrund rückt die Veranstaltungsreihe das Phänomen der Grenze im Recht genauer in den analytischen Fokus. Mit Blick auf die Thematik der Zugehörigkeit unter Gesichtspunkten der Mobilität und Bewegungsfreiheit fragt sie nach aktuellen Ausgestaltungen rechtlicher Grenzsetzungen und ihren Funktionsweisen in Recht und Gesellschaft.
Termine
24.4.2018 am CMB
Prof. Dr. Claudia Weber (Universität Viadrina): „Die Deutschen nach Deutschland, die Russen nach Russland, die Juden in den Bug.“ Von Grenzen und Zugehörigkeiten in Zeiten des Hitler-Stalin-Pakts. Kommentar: Dr. Jakob Zollmann (WZB)
22.5.2018 am WZB
Dr. Laure Blévis (Université Paris Ouest Nanterre): Belonging to the state and its legal regulation during the colonial period. Kommentar: Klaus Peter Sick (CMB)
19.6. 2018 am CMB
Prof. Dr. Claire de Galembert (ENS Paris-Saclay): Law and the exclusion of headscarf-wearing Muslim Women in France: the redrawing of the Republican Order. Kommentar: Dr. Mitja Sienknecht (WZB)
10.7.2018 am WZB
Dr. Nicolas Fischer (CESDIP, Université Versailles): Dangerous liaisons? Human rights organizations and the repression of unwanted immigration in France. Kommentar: Irina Mützelburg (CMB)
Ort und Uhrzeit: Jeweils 17.00-19.00, am Centre Marc Bloch, Friedrichstraße 191, 10117 Berlin, im 7. Stock, Germaine Tillion Saal, im WZB im Raum A 310 – mit Umtrunk im Anschluss.
Der Veranstaltungshinweis ist hier auch als PDF-Dokument verfügbar.