Die Bilanz: Panik im Weser-Stadion, ein Anhänger des Hamburger Sportvereins liegt noch immer im künstlichen Koma, der Bahnhof in Rostock musste 45 Min gesperrt werden, als der Fanzug aus Braunschweig ihn zu erreichen versuchte, in Leverkusen mussten sich weibliche Gästefans bis auf die Unterwäsche ausziehen.
Was war passiert?
Im Bremer Weser-Stadion waren die Gästefans ca. 30 Minuten in ihrem Block im Oberrang eingesperrt. Man begründete es mit einem Sicherheitskonzept, das davon ausgeht, Streitigkeiten unter rivalisierenden Mannschaften würden reduziert, wenn die Gästefans zeitverzögert das Stadion verlassen. Je länger die für zwanzig Minuten angekündigte Blocksperre dauerte, desto ungeduldiger wurden die Besucher. Bei dem Versuch, die Polizeisperre zu durchbrechen, stürzten Menschen auf der engen Treppe. Zwei Menschen verletzten sich schwer, weitere 17 Personen leicht.
Der Einsatz vom Samstag wird noch untersucht. Schuldzuweisungen wären spekulativ, aber trotzdem ist zu fragen, was im Namen der Sicherheit noch alles passieren wird? Wie gefährlich sind eigentlich Fußball-Fans, so dass sie mit einem massiven Polizeiaufgebot in Schach gehalten werden müssen? Aufgrund welcher Datenlage werden die sehr präventiv ausgerichteten Sicherheitskonzepte entwickelt? Werden die in der Sozialpsychologie untersuchten Crowding-Phänomene einbezogen? Durch eine zu hohe Dichte wird das Stressempfinden erhöht. Gerade, wenn man sich gezwungenermaßen mit zu vielen Personen auf einem zu dichten Raum befindet, führt das zu negativen Gefühlen. Es ist also absehbar, dass Menschen, die z.T auf einer engen Treppe aufgrund eines wenig überzeugenden Arguments zusammengedrängt sind, noch einen Zug erreichen möchten, ungeduldig und sicherlich auch aggressiver werden. Wer sich prügeln möchte, wird das außerhalb des Stadions tun.
Eine tragische Geschichte, die hoffentlich aufgeklärt wird und aus der hoffentlich auch die Konsequenz gezogen werden, sich zu überlegen, wie viel Polizeipräsenz sinnvoll ist und ob zuviel Polizeipräsenz nicht provozierend wirkt?
Wo sind bei präventiven Maßnahmen eigentlich die Grenzen zur Menschenwürde und den Grundrechten? Wie weit müssen sich Besucher eines Fußballspiels eigentlich in ihrer Würde einschränken lassen und das, OHNE dass ein konkreter Verdacht besteht, dass sie eine Straftat/Ordnungswidrigkeit oder einen Verstoß gegen die Stadionordnung planen? Aufgrund eines anonymen Anrufs mussten sich alle weiblichen Gäste ausziehen. Unschuldsvermutung, Verhältnismäßigkeit, Menschenwürde scheinen Fremdworte zu sein…