Vor einiger Zeit habe ich an dieser Stelle meine kleine Studie zur Darstellung der Polizei im deutschsprachigen Rap vorgestellt. Während es mir zunächst einmal um eine Bestandsaufnahme der Polizeibezüge im Rap ging, fragt die von STRG_F produzierte Reportage „‚Fick die Cops‘ – Wieso hassen Rapper die Polizei?“ pointierter nach Gründen für den Autoritätsverlust der Polizei.
Als Aufhänger dient das vermutlich nur Szenekundigen bekannte Lied „Fick die Cops (2016)“ des Berliner Crossover-Sängers und Rappers Tamas. Dieser hat als Mitglied der Rap-Crew DeineLtan bereits 2007 ein gleichlautendes Lied veröffentlicht, das seinerzeit für allerhand Publicity sorgte und auch Hausdurchsuchungen bei den drei Crewmitgliedern nach sich zog. Von STRG_F-Reporter Johannes Edelhoff zu seinem aktuellen Lied befragt, macht Tamas, dessen eigener Bruder als Polizeibeamter arbeitet, negative Erfahrungen mit der Polizei für seine Antipathie für die Ordnungsmacht verantwortlich.
Der Song ist eben ein Hasslied gegen die Polizei als Retourekutsche. Ein künstlerisches Auf-die-Fresse, weil man jahrelang kassiert hat. Und zu Rap gehört nun mal Übertreibung meint Tamas.
Misshandlungen, Racial Profiling und als willkürlich empfundene Kontrollen werden auch vom interviewten Gangsta-Rapper Armagheddon als Gründe für die Antipathien gegenüber der Polizei benannt. Jedoch räumt der Celler Rapper ein, dass das Gangsta-Rap-Image auch verkaufsfördernd ist:
die [Leute] wollen einfach einen asozialen, abgefuckten Kanaken sehen. So, einfach so … Drogen, Waffen, Nutten, Rotlicht.“
Besonders sehenswert ist ein Experiment bei dem, die Reporter Gangsta-Rap-Texte von einem klassischen Chor einsingen lassen (siehe unten). Hier zeigt sich, welche Wirkung von einer diskursiven Prägung eines Musikgenres ausgeht und der Authentizitätsanspruch im Rap von den Rezeptionserwartungen der Hörer überlagert wird.
Der narrative Bogen der Reportage schließt sich mit einem Aufeinandertreffen des Weddinger Rappers Tamas und zwei jungen Polizeibeamten. Am Ende steht, dass aus meiner Sicht etwas unbefriedigende Fazit, dass Polizistenhass sowohl verkaufs- als auch imagefördernd ist und selbst der zuvor so kämpferische Tamas muss einräumen, seine beiden Gesprächspartner ganz „korrekt“ zu finden.
Die Reportage versäumt es hier leider herauszuarbeiten, wann und warum aus dem Kinderwunsch einmal Polizist zu werden, das popkulturelle Credo „Fick die Cops“ und A.C.A.B. wurde.
Rap vs. Chor
Spotify-Playlist „Fick die Polizei“
(kuratiert von Johannes Edelhoff)
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