Wie Etta in einem Beitrag bereits berichtete, hat Wolfgang Bosbach (CDU) einen Vorschlag zur Verschärfung des Waffenrechts unterbreitet. Demnach sollen „menschenverachtende Schießspiele“ wie Paintball verboten werden, da hier das Töten simuliert würde.
Ohne Zweifel ist der Argumentation weniger Waffen = weniger Verletze durch Schusswaffen nichts entgegenzusetzen. Hingegen ist die Begründung des Verbots, bei bestimmten Spielen/ Sportarten würde das Töten simuliert, weniger überzeugend. Das Sich-Messen mit Wettkampfgegnern ist zentraler Gedanke der meisten Sportarten und eine sozialpsychologische Triebfeder menschlichen Handelns.
Welche Folgen eine konsequente Umsetzung dieses Vorschlages hätte, wird auf amüsante Art und Weise auf den unten stehenden Bildern illustriert:
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Reinhard Becker schreibt
„Ohne Zweifel ist der Argumentation weniger Waffen = weniger Verletze durch Schusswaffen nichts entgegenzusetzen“ heißt es so schön in dem obigen Blog. Das suggeriert, zwischen der Zahl der durch Schußwaffen Geschädigten und der Zahl der verfügbaren Schußwaffen bestehe eine unmittelbare Beziehung.
Dies ist nicht so. Die über die Schusswaffenkriminalität verfügbaren Zahlen machen vielmehr deutlich, daß es eine unmittelbare Relation zwischen dem „Grad der Bewaffnung“ und den Straftaten, bei denen mittels einer Schußwaffe geschossen oder wenigstens gedroht wurde, nicht gibt.
Die Vereinigten Staaten von Amerika werden gerne als (abschreckendes) Beispiel erwähnt, beschränkt man sich hingegen auf Europa, so sieht die Sache schon anders aus. Die Schweiz verfügt über eine sehr günstige Kriminalstatistik, wiewohl dort aufgrund des im Militär vorgegebenen Milizprinzip gewissermaßen jedermann bewaffnet ist und dies auch noch mit automatischen Sturmgewehren. Man muß nicht einmal den Extremfall Schweiz anführen, vielmehr genügt ein Blick auf Österreich.
Beschränkt man sich auf Deutschland, so läßt sich feststellen, daß die jährlich angezeigten Straftaten seit etwa fünfzehn Jahren um 6,5 Millionen pendeln. Die Straftaten, bei denen darüber hinaus Drohen oder Schießen mit einer Schußwaffe beinhalten, lagen einige Jahre recht konstant bei zwanzigtausend Taten oder Versuchen, was einer Beteiligung von etwa 0,3 % entspricht. Seit 2002 sinkt diese Zahl und liegt im Jahre 2008 mit etwa vierzehntausend bei nurmehr 0,21 % aller angezeigten Straftaten. (Quelle: BKA-PKS, öffentlich zugänglich auf der Internetpräsenz des Bundeskriminalamts). Der Anteil legaler, erlaubnispflichtiger Schußwaffen an den erwähnten 0,21 % beträgt wiederum knapp 5 %, womit man zu einem marginalen, die allgemeine Sicherheit nicht ernstlich berührenden Anteil kommt. (Quelle: Waffen- und Sprengstoff-Jahresberichte des Bundeskriminalamts, mir vorliegend)
Im gleichen Zeitraum, nämlich in den Jahren 1994 bis 2008 ist die Zahl der in privatem Besitz befindlicher Schußwaffen angestiegen.
Die Behauptung, die angeblich „nicht ernstlich bezweifelt werden kann“, ist ganz offensichtlich ohne jede Prüfung gemacht oder kolportiert worden. Die Zahlen sprechen eine andere Sprache.
Waffengesetzliche Regelungen erreichen den Bestand an illegalen Schußwaffen nicht, die für die überwiegende Masse der mit Schußwaffen begangenen Straftaten verwendet werden. An dieser Sicherheitslage ändert sich nichts. Ein vollständiges Verbot von Privatwaffen würde bestenfalls zu sogenannten „englischen Verhältnissen“ führen. Ich bitte jeden, der ohne Vorbehalte an einer Durchdringung der Thematik interessiert ist, sich die Entwicklung in Großbritannien seit 1996 anzuschauen.
Was also will die Politik ?
Die Annahme, man traue sich nicht an die Sportschützen heran, weil man mit den Besitzern von „Legalwaffen“ etwa 2,5 Millionen Wähler vor sich habe, die unter Berücksichtigung eines familiären Multiplikationseffekts durchaus in den Bereich von vier bis fünf Millionen hinein reichen können, die Annahme, es handele sich bei dieser Personengruppe um „one issue voters“, mag zutreffen. Man hat mit diesen Leuten eine veritable Lobby vor sich.
Nur stellt sich die Frage, welchen Unterschied es ausmacht, wenn das Verbot großkalibriger Kurzwaffen im Schießsport ebenso unsinnig und zwecklos ist, wie das Verbot des Paintball. Es macht keinen Unterschied, auf die Kriminalität würde weder die eine, noch die andere Maßnahme einen meßbaren Einfluß ausüben. Die erwähnte Lobby macht also nicht mehr und nicht weniger, als sich dagegen zur Wehr zu setzen, als „politische Verschubmasse“ mißbraucht und in ihren Rechten beschnitten zu werden.
Christian schreibt
Lieber Herr Becker, ich bedanke mich für Ihren sachlich fundierten und ausführlichen Kommentar.
Sicherlich muss ich mir die Kritik gefallen lassen, in meinem Beitrag nicht ausreichend auf den von ihnen geschilderten Zusammenhang zwischen dem Grad der Bewaffnung und den begangenen Straftaten unter Verwendung einer Schusswaffe eingegangen zu sein. Auch wenn ich mir nicht die Mühe gemacht habe, aktuelle Zahlen zu recherchieren, ist mir der grundlegende Zusammenhang wohl bewusst und bekannt.
Und dennoch möchte ich an dem Argument „weniger Waffen = weniger Verletze durch Schusswaffen“ festhalten. Zugegebenermaßen handelt es sich hierbei um kein rhetorisches Meisterstück, jedoch werden Sie sicherlich nicht anzweifeln, dass es sich hierbei um ein formal logisches und richtiges Argument handelt (wobei hier in keiner Weise die gesetzliche Regelung zum Waffenbesitz angesprochen ist).
Persönlich kann ich Waffen nichts abgewinnen und verstehe nicht, was Personen dazu veranlasst, in Ihrer Freizeit Zielübungen auf Schießscheiben zu veranstalten oder gar auf Tiere zu schießen (völlig egal, ob nun mit groß- oder kleinkalibrigen Waffen). Als Anwalt für für Waffen- und Jagdrecht teilen Sie diese Antipathie vermutlich nicht und haben gute (wirtschaftliche) Gründe gegen aktuelle Vorstöße der Politik zur Verschärfung des Waffenrechts vorzugehen.
Unabhängig von meiner Antipathie erkenne ich aber an, dass es genauso falsch ist, Sportschützen zu potentiellen Amokläufern zu erklären wie Internetnutzer zu potentiellen Pädokriminellen.
TS schreibt
Für die geringe Anzahl von frei verfügbaren Schußwaffen und der Anzahl der Menschen gibt es in Deutschland überpropotional viele Amoktäter. Dies heißt, dass die bereits bestehenden Waffengesetze keinen Schutz bieten können, eben so wenig wie deren Verschärfung. Es müssen die Ursachen für solche Verhaltensweisen bekämpft werden anstatt die kostengünstige Variante zu wählen, ein neues Gesetz zu erlassen.