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„Die Waffen sind das Übel“

Am 25. Mai 2009 gepostet von Susanne

1996: Dublane, Schottland (17 Tote), 1999: Littleton, USA (14 Tote), 2002: Erfurt (17 Tote), 2005: Red Lake, USA (9 Tote), 2006: Nickle Mines, USA (6 Tote), 2006: Emsdetten (37 Verletzte, ein Toter), 2007: Blacksburg, USA (33 Tote), 2007: Tuusula, Finnland (9 Tote); 2009: Winnenden

Mick North, Vater eines Mädchens, das 1996 bei dem Amoklauf in einer Grundschule in Dublane erschossen wurde, fordert das Verbot von Waffen im privaten Besitz.

Politiker ergeben sich zu leicht dem Argument, dass die Waffen nicht das Problem sind, dass andere Faktoren Schuld sind. Die Schuld wird dann den Hobbys des Täters zugeschoben, seinen kulturellen Orientierungen. Zum Beispiel der Art Filme, die er sich anschaut, der Musik, die er hört oder der Internetseiten, die er besucht.

Während diese Dinge rückblickend einen Einblick in seine Einstellung und seine Motive vermitteln können, sind sie nicht die Ursache, die ihn in die Lage versetzt hat, zu töten. Auf der ganzen Welt spielen junge Männer gewalttätige Videospiele – aber nur die Menschen töten, welche Zugang zu Waffen haben. Niemand ist je von einem Videospiel getötet worden. Wenn eine gestörte Person leicht an Waffen herankommt, ist die Wahrscheinlichkeit größer, dass sie sie benutzen und sich an der Gesellschaft rächen wird.

Süddeutsche Zeitung vom 25.05.2009

North argumentiert, dass die Amokläufe meist mit legalen Waffen begangen werden, von Tätern, die sich für Waffen interessierten. Er hält ein allgemeines Recht auf Waffenbesitz für unzulässig, wenn dadurch die Sicherheit der Gemeinschaft deutlich gefährdet werde.  Auch werde ein Verbot von Waffen im Privatbesitz sicherlich nicht jegliche Tat vermeiden würde, aber er geht davon aus, dass Amokläufe erschwert werden.

North wendet sich mit seiner Forderung von den soziologischen und psychologischen Kriminalitätstheorien ab, mit denen versucht wird, Amokläufe zu erklären und die Motive des Täters zu ergründen, um daraus u.U. präventive Maßnahmen zu entwickeln. Er ruft zu einem Umdenken und einer praktischen Handlung aus: potentiellen Amokläufern soll gesetzlich von vornherein die Möglichkeit zur Tat genommen werden. Die Rechnung ist einfach: ohne Tatwerkzeug keine Tatgelegenheit (situative Prävention). North betont, dass Amokläufer keine Menschen seien, die man normalerweise als Verbrecher betrachte. Aber ist das Verbot von Waffen im Privatbesitz ein geeignetes Mittel, um Amokläufe zu verhindern?

Über die Motive der Amoktäter und den konkreten Anlass zur Tatbegehung gibt es viele Spekulationen. Ungeklärt ist ebenfalls, warum ein Mensch Amok läuft und welcher konkrete Anlass den Täter zur Tat schreiten lässt. Die Amoktaten von Erfurt und Winnenden waren vorbereitet. Eine Affekttat scheidet aus. Erkennbare Anhaltspunkte für das Bevorstehen eines Amoklaufes hat es scheinbar trotz der Vorbereitungszeit nicht gegeben. Einig sind sich die Wissenschaftler bei der Beurteilung von Amoktätern nur, dass einzelne Faktoren oder monokausale Verkettungen die Entstehung von Amoktaten nicht verhindern können.

Amoktaten sind bislang wenig erforscht, da für empirische Aussagen zu wenig Fälle vorliegen. Zudem ist aufgrund der Suizide des Täters meist nur eine retrospektive Betrachtung möglich.

Diese Umstände erschweren die Entwicklung eines Präventionskonzeptes.

Nach Bannenberg (2007) ist es grundsätzlich nicht möglich eine spezifische Amok-Prävention durchzuführen, vielmehr können allgemeine Maßnahmen wie beispielsweise der Suizid- oder Gewaltprävention auch auf (mögliche) Amokläufer wirken.

siehe Forum für Kriminalprävention

Die Forderung von North, den privaten Besitz von Waffen zu verbieten, erscheint mangels präventiver Alternativen ein sinnvoller Vorschlag zur Verhinderung, zumindest zur Erschwerung von Amokläufen zu sein.

Der Forderung von North stehen jedoch starke Bedenken der finanziell gut situtierten und gut organisierten Waffenlobby gegenüber, mit der sich Politiker nicht gerne anlegen.

Der Verbot von Waffen im Privatbesitz wird verfassungsrechtlich zu prüfen sein. Dem Recht auf öffentliche Sicherheit und Ordnung steht das Grundrecht auf Eigentum und Handlungsfreiheit gegenüber. Aus meiner Sicht überwiegt in diesem Fall der Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung und rechtfertigt die Grundrechtseinschränkung von Millionen Menschen, die im legalen Besitz von Waffen sind und die mit diesen keine Straftaten begehen (begehen werden).

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Kategorie: Devianz und Kriminalität, Gewaltkriminalität, Kontrolle und Sanktionen, Überwachung Stichworte: Amok, Amoklauf, Prävention, Waffenrecht

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Kommentare

  1. Marcel schreibt

    26. Mai 2009 um 01:09

    Meine Waffen würde ich mir durch diesen Staat nicht kampflos nehmen lassen. Probiert es aus, ich sag nur, probiert es aus mit einem totalen Waffenverbot – knöcheltief würdet ihr in eurem eigenem Blut waten…

  2. Malte S. schreibt

    26. Mai 2009 um 14:34

    Ein Waffenverbot wäre fraglos geeignet, Amokläufe zu verhindern. Mehr aber auch nicht. Ein totales Verbot würde kaum erforderlich sein und mE in keine Fall verhältnismäßig. Selbst wenn man zu Gunsten des fachlich sicher inkompetenten Gesetzgebers von einer Einschätzungsprärogative ausgeht, ist ein Totalverbot kaum machbar. Auch würde damit faktisch die Möglichkeit des Zivilen Widerstandes abgeschafft werden.
    Meine persönliche Ansicht: Setzt euch mit den Ängsten der „Amokläufer“ auseinander, mit ihren Handlungsgründen. Vielleicht stoßt ihr da auf etwas interessantes. Reine Koinzidenzumstände immer gleich verbieten zu wollen, ist schlicht sinnfrei.

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