Nun ist die Entscheidung gefallen: Barack Obama hat, wie angekündigt, die Schließung des Lagers in Guantanamo angeordnet, er wird aber die Militärtribunale beibehalten.
Obama ist zu dem Schluss gekommen, dass er vor zivilen Gerichten einen Schuldspruch für eine Reihe von Gefangenen nicht wird durchsetzen können – zumal nicht aufgrund ihrer unter Folter erpressten Bekenntnisse. Freilassen kann er diese Männer, die zum Kern von al Qaida gehörten, indes auch nicht. Also bleibt nur das System der Militärgerichtsbarkeit – in revidierter Gestalt -, um die rechtstaatliche Form zu wahren.
(Quelle: Süddeutsche Zeitung vom 16.05.2009)
Dabei soll es zusätzliche Garantien für den Rechtsschutz der Terrorverdächtigen geben, wie das Weiße Haus am Freitag ankündigte. Von den Prozessen betroffen sind bis zu 20 der insgesamt noch 241 Gefangenen.
Dies sei der beste Weg, um unser Land zu schützen und zugleich unsere Werte hochzuhalten, hieß es in einer Mitteilung Obamas. Der Präsident hatte wenige Stunden nach seinem Amtsantritt im Januar angeordnet, die Tätigkeit der Militärkommissionen in Guantanamo mit sofortiger Wirkung auszusetzen. Gleichzeitig ordnete er eine Überprüfung dieser von seinem Vorgänger George W. Bush eingeführten Praxis an.
Nach der Überprüfung sollen einige Prozessrichtlinien zugunsten der Gefangenen geändert werden. Aussagen, die durch grausame oder unmenschliche Behandlung erzielt wurden, dürfen dem Vernehmen nach nicht verwendet werden. Dies schließt auch Aussagen ein, die im Anschluss an das sogenannte Waterboarding aufgezeichnet wurden. Bei dieser inzwischen untersagten Verhörpraxis haben die Betroffenen das Gefühl, kurz vor dem Ertrinken zu stehen, was von Kritikern als Folter eingestuft wird. Die Beschuldigten sollen nach den neuen Richtlinien auch mehr Rechte erhalten, ihren Verteidiger zu wählen, der aber weiter aus den Reihen der Streitkräfte berufen werden muss.
Quelle: Spiegel online vom 15.05.2009
Zwar will Obama die Verfahren vor den Militärgerichten soweit reformieren, dass sie einigen rechtsstaatlichen Grundsätzen entsprechen, aber für eine Aufarbeitung Guantanamos und vor allem die angekündigte Abkehr von dem rechtswidrigen und menschenverachtenden System auf Guantanamo reicht es nicht aus, die Militärtribunale zu reformieren.
Mit der Beibehaltung der Militärtribunale, deren Errichtung sehr umstritten war, bleiben die Verfahren weiterhin unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Die Wahl eines Verteidigers aus den Reihen der Streitkräfte ist für die Gefangenen ein Hohn. Sie müssen sich einen Verteidiger aus den Reihen des Militärs, von dem sie jahrelang gefoltert worden, wählen. Wird ein Verteidiger aus den Reihen der Streitkräfte wirklich unbequeme Handlungen gegen seinen Dienstherrn vornehmen? Wird er auf eine vollständige Akteneinsicht pochen und versuchen, diese gerichtlich durchzusetzen, wenn ihm sein Dienstherr sagt, die Akten seien vertraulich?
Wie die Reformen der Militärtribunale aussehen werden, um zu versuchen Grundsätze eines rechtsstaatlich fairen Verfahrens, bleibt abzuwarten. Obama hätte mit der Abschaffung der Militärtribunale einen Schlusspunkt unter Guantanamo setzen, sich von den verfassungswidrig eingerichteten Militärtribunalen verabschieden und die Gefangenen vor die ordentliche Gerichte stellen sollen, um Guantanamo öffentlich von unabhängigen Gerichten aufarbeiten zu lassen. Ein Gefährdung der Sicherheit Amerikas, wenn Gefangene in fairen Verfahren vor ordentlichen Gerichten stehen, ist nicht ersichtlich.