Das Hamburger Abendblatt verkündete am 01.Juli ´09 das Urteil des Hamburger Landgerichts in einem Fall von sexuellen Missbrauch und Vergewaltigung an einem 12 Jahre alten Mädchen. Dem Bericht nach hatte ein Rentner sich im Sommer 2008 an einer Freundin seiner Enkelin mehrmals vergriffen. Der 60- Jährige wurde zu zwei Jahren Bewährung und Schmerzensgeld in Höhe von 2500 Euro verurteilt. Die Staatsanwaltschaft hatte für eine Haftstrafe von drei Jahren und vier Monaten plädiert und prüft nun Berufung. Dieses milde Urteil sorgte für Empörung und lässt mich an unserer Rechtsjustiz zweifeln.
Es kann nicht sein dass körperliche Defizite wie Asthma oder Behinderungen des Angeklagten zu einer Inschutznahme dessen und folglich zur Milderung des Urteils führen können, wie es der Richter anführte! Diese Argumentation ist grotesk!
Das „opferschonende Geständnis“ des Täters sei der Ausschlag für die milde Bewährungsstrafe gewesen, begründete der Richter ebenfalls. Dass dem betroffenen Mädchen somit weitere belastende Aussagen erspart geblieben seien. Ist es für das Opfer nicht bedrückender zu wissen, dass solch ein Verbrechen, was an ihr begangen wurde und seelische Wundern hinterlassen wird, mit Geld zu begleichen ist? Die Einsicht des Rentners in seine Tat führt dazu, dass diese Tat nicht im angemessenen Maße geahndet wird. „Für das betroffene Kind sei es wichtig, zu wissen, dass der ihm angetane Missbrauch deutliche Konsequenzen für den Übeltäter nach sich zieht“, so Vera Falck, Geschäftsführerin des Vereins Dunkelziffer, der sich um sexuell missbrauchte Kinder kümmert. Bei einer Bewährungsstrafe würden die Konsequenzen nicht unbedingt ersichtlich. Der 60- Jährige bekommt somit nur eine Verurteilung, die der Warnung dienen soll, in Zukunft keine Straftaten solcher Art mehr zu begehen. Es soll ihm eine Lehrzeit sein. Aber ist das ein gerechtes Urteil bei mehrfachem sexuellen Missbrauch und Vergewaltigung, schwerwiegende Verbrechen, wobei die Würde des Menschen angegriffen wird? Besonders Kinder müssen doch geschützt werden, was sie ja auch laut § 176a StGB sind.
Bis Montag, den 06.07.09, hat die Staatsanwaltschaft Zeit, Rechtsmittel einzulegen.
Sexualstraftaten sind in § 174 ff. StGB geregelt. Bei der nachgewiesenen Vergewaltigung geht aus § 177 (2) StGB hervor, dass mindestens eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren zu verhängen sei. Im vorliegendem Fall wurde auch lediglich diese Mindeststrafe ausgesprochen. Diese wurde dann auch noch zur Bewährung ausgesetzt. Hierbei ist zu betonen, dass eine Bewährung nur möglich ist, bei Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren (vgl. § 56 StGB). Auch müssen hierbei eine günstige Prognose und darüber hinaus besondere Umstände vorliegen, die eine Aussetzung auf Bewährung überhaupt rechtfertigen (vgl. § 56 (2) StGB).
Wieso nur wurde bei dieser Tat diese geringe Strafe verhängt? Es handelt sich hierbei um die geringst mögliche Bestrafung bei einer Vergewaltigung! Welche tragenden Argumente, welche relevanten Aspekte in diesem Einzellfall sprechen denn nur für dieses milde Urteil?
Ich bin fassungslos! Aus der Berichterstattung wurden die Gründe für diese milde Strafe leider nicht in der Weise offengelegt, dass ich die Begründung des verkündeten Strafmaßes nachvollziehen könnte.
Meiner Meinung nach sollte der Schutz von betroffenen Kindern oberste Priorität haben. Ich bin daher dafür, dass versucht werden sollte, dass betroffene Kinder über diese traumatischen Erfahrungen nicht nochmals Aussagen machen müssten. Auch bin ich dafür, dass bei umfassenden Geständnissen das Strafmaß verringert werden könnte. Jedoch sollte es bei Vergewaltigungen nicht zu Bewährungsstrafen kommen. Vergewaltigung bleibt Vergewaltigung!
Des weiteren werden gesundheitliche Einschränkungen und Behinderungen beschrieben. Für mich ist nicht nachvollziehbar, warum diese Einschränkungen Auswirkungen auf das Strafmaß haben. Die Vergewaltigung konnte der Täter auch mit Asthma, Rheuma, Gehbehinderung und Hörschädigung vornehmen…
Ich habe zu diesem Thema einige Blogs durchgeschaut. Hier besteht Einigkeit darüber, dass generell das Strafmaß für sexuelle Missbrauchsdelikte zu gering scheint. Auch wird angezweifelt, dass Freiheitsstrafen positive Auswirkungen auf das Rückfallrisiko haben. Hier geht es doch um „Triebe“ die von den Tätern offensichtlich nicht kontrolliert werden können.
http://de.answers.yahoo.com/question/index?qid=20090129052457AAfGAc3
http://forum.chip.de/smalltalk/kinderschaender-51587.html
http://forum.politik.de/forum/archive/index.php/t-5104.html
Was kann denn überhaupt durch Haftstrafen erzielt werden? Die hessische Frauen-Union geht von einer Rückfall-Quote von 80 % aus! Es gibt jedoch auch internationale Studien, die von bis zu 50% ausgehen.
http://www.hr-online.de/website/rubriken/nachrichten/index.jsp?rubrik=5710&key=standard_document_31086504 [18.05.2007]
http://www.faz.net/s/Rub77CAECAE94D7431F9EACD163751D4CFD/Doc~E1CDD695EC17A4852A79ED42253919AA7~ATpl~Ecommon~Scontent.html [11.02.2007]
Der Kriminologische Zahlstelle e.V. hat auch Studien zur Sexualkriminalität durchgeführt.
http://www.krimz.de/sexualkriminalitt.html
weitere Quellen:
Jehle, J.-M. / Heinz, W. & Sutterer, P.: Legalbewährung nach strafrechtlichen Sanktionen. Eine kommentierte Rückfallstatistik. Hrsg. vom Bundesministerium der Justiz., 2003.
Herrmann, E. (1999): Auswahlbibliographie „Sexueller Mißbrauch von Kindern“. In Egg, R. (Hrsg), Sexueller Mißbrauch von Kindern: Täter und Opfer (S. 273 – 296)., 1999.