Im September 2009 hatte es ein großes mediales Echo gegeben, als der Münchner Geschäftsmann Dominik Brunner bei einer Schlägerei zu Tode gekommen war. Die Kampagne gegen Jugendgewalt von Roland Koch war noch nicht lange her.
Brunner hatte sich nach damaliger Lesart schützend vor 15-jährige Jugendliche gestellt, die von einem 17- und einem 18-Jährigen abgezogen wurden. Brunner sei an den Schlägen dieser Jugendlichen gestorben. Bayerns Justizministerin Beate Merk (CSU) sagte damals, sie verneige sich vor dem Opfer und zolle „seiner Zivilcourage höchsten Respekt“. Der Mann sei Kindern zu Hilfe gekommen, die bedrängt wurden. „Besser hätte man es gar nicht tun können“, sagte Merk und fügte bestürzt hinzu: „Er hat durch sein selbstloses Bemühen sein Leben verloren.“
vgl. http://www.welt.de/vermischtes/article4524640/Muenchner-Fahrgast-musste-wegen-15-Euro-sterben.html
Der mittlerweile desertierte Horst Köhler hatte Brunner damals posthum das Bundesverdienstkreuz verliehen. Inzwischen wird über die Tat verhandelt und da liest sich das ganze doch etwas anders. Brunner soll den ersten Schlag ausgeteilt haben. Er sei auch nicht an den Schlägen verstorben, sondern an Herzversagen – so der Gerichtsmediziner.
Damit steht die Mordanklage auf wackeligen Füßen. Ohne die Prügelei wäre es wohl nicht zu dem Herzanfall gekommen. Aber nun ein Mordmotiv Rache konstruieren zu wollen, kennzeichnet juristische Lebensfremdheit. Mit Sicherheit haben die Jugendlichen sich nach dem Schlag noch kurz rationalen Überlegungen hingegeben und insbesondere hellsichtig kalkuliert, dass Brunner vielleicht ein schwaches Herz haben könnte und so die Schläge ausreichten, um ihm das Leben zu nehmen. Heribert Prantl von der Süddeutschen meint übrigens ganz entsprechend: „Man kann ja nicht davon ausgehen, dass man ein ganz gesundes Opfer vor sich hat“ (!). Ein Gesundheitscheck vor einer Prügelei ist also unabdingbar. Der gläserne Mensch wäre insofern von Vorteil, als ein Vorabscan per Chipkarte die Prügelfähigkeit bzw. – unfähigkeit bescheinigen könnte.
Mit einem schwachen Herzen kann man allerdings auch bei einem Behördenbesuch einen Herzinfarkt bekommen, und ob man da auf mehr Rücksicht rechnen kann …
Mein Tip wäre Körperverletzung mit Todesfolge. Aber das ist es nicht, was die Medien wollen. Der Fall Brunner ist sowieso schon zum Mythos geworden.
Zu Recht hat amnesty international mehrfach gerügt, dass es in Deutschland oft zu überzogener Gewalt durch die Polizei kommt. In der Tat werden Verhaftungen inzwischen mit Sondereinsatzkommandos durchgeführt, die nur dazu eingesetzt werden Menschen zu schlagen, zu würgen, zu treten, die gerade verhaftet werden sollen, dabei spielt es auch keine Rolle, ob sich die Verhaftung später als überflüssig herausstellt, weil der Betreffende keinerlei Straftat begangen hatte. Die Opfer kommen in eine Situation, die oft zu Herzanfällen und auch zu schweren anderen Verletzungen führt. Diese gravierenden Missstände werden nie aufgearbeitet, sie dienen aber auch Jugendlichen als Vorbild in ihren Handlungen.
Interessant wäre in diesem Kontext wann genau der Staatsanwaltschaft München die Information aus dem Obduktionsbericht vorlag und welche Informationen sie wann veröffentlichte.
Die zuständige Staatsanwaltschaft hat den Obduktionsbericht offenbar erst mit Prozessbeginn veröffentlicht. Damit beschäftigen sich auch die über folgenden Link zugänglichen Interviews mit Heribert Prantl und Gisela Friedrichsen:
http://on3.de/element/7081/thema-der-brunner-prozess-wie-wird-eigentlich-recht-gemacht#/element/7081/thema-der-brunner-prozess-wie-wird-eigentlich-recht-gemacht
Vorsicht, da ist ein nervendes Pop-Up, das man erst entsorgen muss.