Das Sexualstrafrecht ist in die Diskussion gekommen. Seit 1973 schützt das Strafgesetzbuch zwar die sexuelle Selbstbestimmung, nicht mehr die „Sittlichkeit“. Doch wird immer mehr in Frage gestellt, ob der Schutz der sexuellen Selbstbestimmung im Gesetz konsequent genug angelegt ist und in der Strafrechtspraxis durchgesetzt werden kann. Aktuelle Beispiele betreffen so unterschiedliche Konstellationen wie den Schutz vor sexuellem Missbrauch in Heimen und ähnlichen Einrichtungen, den Schutz vor plötzlichen sexuellen Übergriffen in Menschenmengen oder öffentlichen Verkehrsmitteln und den Schutz vor sexuellen Nötigungen in einer ausweglosen Lage. Besondere Aufmerksamkeit ist für Ausfilterungsprozesse während des Strafverfahrens entstanden: die Polizei registriert viel mehr Tatverdächtige als von den Gerichten wegen eines Sexualdelikts verurteilt werden.
Der Gesetzgeber ist seit der Strafrechtsreform von 1973 nicht untätig geblieben. Die Veränderungen seither beschränken sich aber auf Teilbereiche. Das gilt auch für einen am 16. März 2016 von der Bundesregierung beschlossenen Gesetzentwurf zur Verbesserung des Schutzes der sexuellen Selbstbestimmung. Eine Reformkommission zur Überarbeitung des gesamten 13. Abschnitts des Besonderen Teils des StGB hat ihre Arbeit erst aufgenommen.
Die Fachtagung wird sich mit diesen und weiter gehenden Reformüberlegungen ebenso befassen wie mit der Frage, wie weit das Strafrecht überhaupt reichen sollte. Hinzu kommen Beiträge zum Hintergrund des Sexualstrafrechts wie etwa dem Zustandekommen von „Verurteilungsquoten“ und der Interpretation sexueller Gewalt als „Signal-Kriminalität“. Darüber hinaus werden unterschiedliche gesellschaftliche, psychologische und forensische Aspekte der Ursachen und Hintergründe sexueller Gewalt in Vorträgen thematisiert und diskutiert.
Das vollständige Tagungsprogramm ist unter http://www.krimz.de/fileadmin/dateiablage/download/Fachtagung2016.pdf abrufbar.
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