„Inklusion ist …“ – Perspektiven und Positionen der Sozialen Arbeit
Aktuell ist die Gestaltung von Inklusionsverhältnissen eine öffentlich viel diskutierte Thematik, die auch eine zentrale fachliche Aufgabe der Sozialen Arbeit ist. Dabei ist der Inklusionsbegriff vielfältig, schillernd und in vielen Bereichen immer noch ungeklärt, wenngleich er insbesondere in Abgrenzung zum Begriff der Integration diskutiert wird.
In verschiedenen Theorieperspektiven in der Sozialen Arbeit wird der Begriff der Inklusion bereits direkt oder indirekt aufgegriffen, etwa in den Ansätzen der Systemtheorie, der Forschung zu sozialer Ungleichheit, den Disability-Studies sowie Ansätzen zu Diversity und Intersektionalität. Normativ geprägte Theoriemodelle, insbesondere jene, die von Sozialer Arbeit als Gerechtigkeits- oder Menschenrechtsprofession ausgehen, thematisieren ebenfalls implizit oder explizit Inklusion. Sie fordern dazu auf, über bestehende Verhältnisse hinauszudenken, soziale Teilhabe für alle Bevölkerungsgruppen zu realisieren und genau dort anzusetzen, wo dies noch nicht erreicht ist.
Obwohl auf politischer Ebene bereits seit Anfang der 1990er Jahre zahlreiche Rahmensetzungen und Programmatiken die Umsetzung von Inklusion als gesellschaftliche Vision und Aufgabe thematisieren – etwa die bildungspolitischen Leitlinien der UNESCO zu inklusiver Bildung oder die Lissabon-Erklärung der EU zu sozialer Kohäsion – wurde Inklusion scheinbar erst durch die Ratifizierung der UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen zu einem breiter diskutierten Thema in der Sozialen Arbeit.
In der Praxis stehen viele Träger aktuell vor der Aufgabe der Umsetzung von Inklusionskonzepten im Kontext der dafür oft fehlenden Ressourcen. Inklusion wird bislang vor allem in der Behindertenhilfe, der Sozialpsychiatrie und der inklusiven Beschulung diskutiert, wesentlich seltener jedoch in Bezug auf soziale Ausgrenzungsprozesse als solche. Bislang besteht wenig systematisches Wissen über die Umsetzung und Gestaltung von Arrangements zur Förderung von Inklusion. Auch die Perspektive von Adressat_innen auf Inklusionsverhältnisse und -arrangements sind noch wenig erforscht.
Vor diesem Hintergrund schafft die DGSA Jahrestagung 2016 ein Forum, in dem der Inklusionsbegriff möglichst breit diskutiert und auf verschiedene Handlungsfelder der Sozialen Arbeit bezogen werden soll. Dabei sollen auch die mit Inklusion verbundenen politischen Interessen kritisch reflektiert werden. Und auch die Soziale Arbeit selbst soll als potentielle Agentin von Ausgrenzungsprozessen in den Blick genommen werden. Generell verfolgt die Tagung das Ziel, Inklusion sowohl aus theoretisch-konzeptioneller als auch empirischer und handlungspraktischer Perspektive zu diskutieren.
Vor allem die folgenden Themenschwerpunkte und Fragestellungen sollen dort vertiefend thematisiert werden:
- Inklusion und wissenschaftliche Diskurse: Welche Konzepte, Modelle, Begriffe, Kritiken und Thematisierungen von Inklusion sind in Theoriediskursen vorhanden?
- Inklusion und politische Programmatiken: Wie sind Inklusionsmodelle im Kontext aktueller sozialpolitischer Programmatiken und Interessen zu bewerten?
- Inklusion und Praxisfelder Sozialer Arbeit: Wie werden Inklusion und die Dimensionen der Ausgrenzung in unterschiedlichen Handlungsfeldern thematisiert und bearbeitet?
- Inklusion und institutionelle Strukturen Sozialer Arbeit: Welche fachlichen, personellen, organisatorischen, räumlichen, mentalen oder sprachlichen Aspekte sind relevante Faktoren für die Entwicklung von Inklusionsmodellen in der Sozialen Arbeit?
- Inklusion und professionelles Handeln Sozialer Arbeit: Welche inklusionsbezogenen Konzepte, Zielstellungen, Orientierungen sind hinsichtlich des professionellen Handelns identifizierbar? Welche Dilemmata und Ambivalenzen treten dabei auf?
- Inklusion und Adressat_innen Sozialer Arbeit: Wie betrachten Adressat_innen Inklusionskonzepte? Wie werden Ausschlüsse und Normalisierungspraxen entlang von Differenzlinien praktiziert?
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Inklusion und Macht: Wie können Machtverhältnisse und strukturelle Ungleichheit in Bezug auf Inklusion diskutiert und gestaltet werden?
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