Nach der Geiselnahme vom Heiligabend 2014 meldeten sich zwei Gewerkschaften zu Wort, nämlich der Bund der Strafvollzugs-Bediensteten Deutschlands e.V. (BSBD) und die Gewerkschaft der Polizei (GdP).
Michael Hinrichsen, Landesvorsitzender des BSBD, meinte, der liberale Strafvollzug in seiner jetzigen Form gefährde die Sicherheit der Angestellten. Schuld an der Liberalität seien zwei Frauen: die Justizministerin Anke Spoorendonk und die Anstaltsleiterin Agnete Mauruschat.
Thorsten Schwarzstock, Vorsitzender der GdP-Regionalgruppe Justizvollzug, konstatierte Personalmangel, wachsende Verunsicherung unter den Bediensteten, schwindendes Vertrauen zu Vorgesetzten und immer weniger Zeit für die Gefangenen. Die Schuld sieht auch er bei den beiden Frauen. Sein Fazit: „Es muss Grundlegendes verändert werden, im Strafvollzug muss endlich Führungskultur einziehen.“
Vielleicht führt der Ruf nach Führungskultur ja zu dem Schluss, dass das Land wieder mehr starke Männer braucht. Männer, die für Ruhe und Ordnung sorgen. Männer, die dem „extrem liberalen Strafvollzug“ in Lübeck (so ein Bediensteter gegenüber der Zeitung „Lübecker Nachrichten“) einen Riegel vorschieben können und den Beschäftigten ihre Ängste wegen möglicher Haftlockerungen aufgrund des geplanten neuen Landesstrafvollzuggesetzes nehmen können.
Denn Justizministerin Spoorendonk arbeitet an einem neuen Strafvollzugsgesetz, das die besonders restriktive schleswig-holsteinische Lockerungspolitik im Interesse der besseren Wiedereingliederung der Gefangenen auf Bundesniveau bringen soll. Für manche eher rückwärtsgewandte Beamte offenbar kaum vorstellbar. Sie fürchten um ihre Sicherheit – und um die der Allgemeinheit. Der erwähnte LN-Informant jedenfalls meinte: „auch für die Bevölkerung wird das ein Alptraum.“ Ihm sekundiert ein weiterer Anonymus mit dem für einen ausgebildeten Beamten des Vollzugsdienstes erstaunlichen Ausruf: „Wir haben Angst!“
Kann es sein, dass der Vorfall vom Heiligabend genutzt werden soll, um das schleswig-holsteinische Strafvollzugsgesetz noch im Gesetzgebungsverfahren zu Fall zu bringen? Spielen vielleicht auch Ressentiments gegen Frauen in Führungspositionen (oder Frauen im Justizvollzug) eine Rolle? Und welche Rolle spielen die Massenmedien?