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PredPol – Minority Report wird Realität

Am 15. August 2013 gepostet von Christian Wickert

Im Science Fiction Thriller Minority Report (Spielberg, 2002) unterstützen im Jahr 2054 sog. Pre-Cogs die Washingtoner Polizeieinheit Precrime bei der Vorhersage zukünftiger Morde.

Die Programmoberfläche der Software PredPol zeigt 150 qm große Planquadrate an, die als zukünftiger Ort eines Verbrechens erkannt wurden.
Die Programmoberfläche der Software PredPol zeigt 150 qm große Planquadrate an, die als zukünftiger Ort eines Verbrechens erkannt wurden.

Im Jahr 2013 heißt Precrime PredPol und wird von der Polizei in Santa Cruz, Kalifornien scheinbar erfolgreich im Kampf gegen verschiedene Diebstahls- und Gewaltdelikte eingesetzt. Die Software berechnet die ortsbezogene Eintrittswahrscheinlichkeit von Delikten basierend auf einer Datensammlung, die sich aus Polizeiberichten, Wetterberichten, Meldungen von Anwohnern über ungewöhnliche Vorfälle usf. speist. Dreimal täglich werden auf Basis der ständig aktualisierten Daten neue Hotspots berechnet.

Das Programm wurde von einem Team von Mathematikern und Sozialwissenschaftlern an der UCLA entwickelt. Das bei PredPol zum Einsatz kommende Verfahren diente dabei ursprünglich der Vorhersage von Nachbeben nach einem Erdbeben und arbeitet angeblich präziser als andere auf der Analyse von Kriminalitätsbrennpunkten basierende Programme. Auf der Herstellerseite werden die Effizienz und auch die mögliche Kostenersparnis als Vorzüge angepriesen:

The Challenge
Police departments nationwide are facing budget freezes and deep cuts, requiring them to manage their resources more effectively while still responding to public demand for crime prevention and reduction.

The Solution
Based on models for predicting aftershocks from earthquakes, PredPol’s patent-pending technology forecasts highest risk times and places for future crimes. The program complements officers’ intuition by targeting place-based prediction “boxes” as small as 500′ by 500′.

The Difference
In contrast to technology that simply maps past crime data, PredPol applies advanced mathematics and adaptive computer learning. It has resulted in predictions twice as accurate as those made through existing best practices by building on the knowledge and experience that already exists.

Die ARD-Korrespodentin Karin Dohr berichtet in dem unten stehenden Video von ihrer Hospitation bei der Polizei in Santa Cruz.
Einer langwierigen Observation („Es ist absolut ruhig hier und man ertappt sich dabei, es verdächtig zu finden.“) folgt die Kontrolle von drei verdächtig erscheinenden Personen, von denen einer ein gestohlenes Fahrrad mit sich führt. Eine Durchsuchung des vermeintlichen Fahrraddiebes fördert schließlich noch Drogen zutage. Das Fazit des Polizeibeamten lautet: „Das sind typische Einbrecher oder Räuber. Vielleicht bisher nicht, aber früher oder später begehen sie Verbrechen, um z.B. Drogen zu kaufen.“ Die Verhaftung hat ein zukünftiges Verbrechen verhindert.

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Schenkt man den Angaben der Entwickler und den interviewten Polizisten in Kalifornien Glauben, scheint PredPol zu funktionieren. Dass ein Algorithmus allerdings nur so gut arbeiten kann, wie die Datenqualität auf dessen Grundlage die Ergebnisse berechnet werden, scheint niemand zu hinterfragen. Diese Form des präkognitiven Policings fördert nicht nur das Anlegen möglichst umfangreicher Datensammlungen, sondern auch die „verdachtsunabhängige“ (bzw. stützt sich der Verdacht auf von Laien nicht zu begreifenden Algorithmen) Kontrolle randständiger Personengruppen. Wer sich, wie im Video zu sehen, zur falschen Zeit am falschen Ort aufhält und dessen äußere Erscheinung von der Norm abweicht, gerät in den Verdacht zukünftiger Verbrecher zu sein.
Für ein kleines Stück Sicherheit, wird hiermit ein großes Stück Freiheit geopfert.

In Spielbergs Minority Report erweist sich die Arbeit der Precrime Abteilung im Übrigen als fehleranfällig und manipulierbar. Am Ende der Science Fiction steht die Überwindung des Wunsches nach der Vorhersage eines Verbrechens und die Rückkehr zur klassischen Polizeiarbeit. Wäre doch bloß schon 2054!

[via Surveillance-Studies.org]

Weitere Links zum Thema

  • YouTube-Kanal von PredPol
  • Sending the Police Before There’s a Crime (The New York Times vom 15.08.2011 über PredPol)
  • Datenbank mit potenziellen Gewalttätern (Telepolis vom 27.11.206 über die Arbeit der Homicide Prevention Unit (HPU) bei Scotland Yard)
  • Lucia Zedner: Pre-crime and post-criminology? Theoretical Criminology, May 2007, vol. 11, no. 2, 261-281.
  • Gadfly Online: Fiction Has Become Our Reality: Minority Report and the Surveillance State, 05.09.2012
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Kategorie: Kontrolle und Sanktionen, Polizei/ Policing, Prävention, Recht und Gesetz Stichworte: Kriminalprävention, Minority Report, Policing, Precrime, Software, USA

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Kommentare

  1. Christian Wickert schreibt

    26. August 2013 um 09:46

    Die Software wird auch von der britischen Polizei getestet. The Economist berichtet über die ersten Erfahrungen und Ergebnisse: http://www.economist.com/news/briefing/21582042-it-getting-easier-foresee-wrongdoing-and-spot-likely-wrongdoers-dont-even-think-about-it

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