Einschlag des zweiten Flugzeuges in den Süd-Turm des World Trade Centers Flickr user TheMachineStopsderivative [CC-BY-SA-2.0], via Wikimedia CommonsDer 11. September 2001 (9/11) hat sich wie kein anderer Tag in das kollektive Gedächtnis eingeprägt und ist zu einem Symbol geworden für die nahezu simultanen Terroranschläge1 auf das World Trade Center in New York und das in Washington D.C. gelegene Pentagon. Heute gilt 9/11 als nationales Trauma2, das vielen US-Bürgern die Verletzlichkeit ihres Landes vor Augen geführt hat. Die Symbolkraft hinter diesen Anschlägen sorgte für einen Schock, der sich tief in die US-amerikanische Seele eingebrannt hat. Für die meisten Amerikaner war am 12. September 2001 die Welt eine völlig andere und „doch die gleiche: sie war andersgleich“ (Jäger 2011: 10).
Die Terrorakte änderten auch die Rolle der gegenwärtigen Populärmusik dramatisch. Der neue politische Kontext beinhaltete maßgebende rechtliche und politische Veränderungen, welche die nationale Sicherheit über die bürgerlichen Freiheitsrechte stellte und zu einer Art Verdichtung und Erstarrung der Musikindustrie führte. Zwar spielte Musik in dieser Zeit eine besondere Rolle und war allgegenwärtig, jedoch verstummten die unterschiedlichen Stimmen – und vor allem die kritischen – kurz nach den Anschlägen nahezu vollständig. Die Protest-Musik der 1960er und 1970er, die half eine Basis für eine nationale Debatte über den Vietnam-Krieg zu bereiten, war in den Mainstream-Medien während der Invasionen in Afghanistan und Irak nicht vorhanden. Erst mit der Zeit wurden wieder vermehrt kritische Stimmen laut (vgl. Garofalo 2006).
Löscharbeiten nach dem Einschlag des Flugzeuges in das Pentagon in Washington, D.C. By JIM GARAMONE, CIV [Public domain], via Wikimedia CommonsDer vorliegende Beitrag zeichnet mit Hilfe der (Sozial-) Psychologie die musikalische Verarbeitung dieses nationalen Traumas und die Entwicklung der veröffentlichten Musik anhand einer Zeitleiste nach. Diese beginnt mit der heimlichen Trauerhymne „Only Time“ und führt weiter über patriotische Lieder sowie der musikalischen Schilderung der Anschläge und deren Folgen in diversen Songs bis zu kritischen Protestsongs (v. a. gegen die US-amerikanische Außenpolitik).
Musikalische Verarbeitung des nationalen Traumas
Das nationale Trauma in Form der Terroranschläge von New York und Washington, D.C. hatte Auswirkungen auf die Gruppenhomogenität3, die Gruppenkohäsion4, die Gruppenkultur5 sowie auf die Coping-Strategien6 und das posttraumatische Wachstum7.
Dies spiegelt sich auch in der Musik wieder8, die nach den Terrorakten gespielt und produziert wurde und wird im Folgenden kurz dargestellt.
„Only Time“ – die heimliche Hymne
irische New-Age-Sängerin Enya Niall More at en.wikipedia [GFDL or CC-BY-SA-3.0-2.5-2.0-1.0], from Wikimedia Commons„Wenn Pop trauert, dann bleibt er meist in der Sphäre des Sentimentalen und Fatalistischen stecken“ (Arbeitskreis Studium populärer Musik: 58). Dies lässt sich auch an dem melancholischen „Ground-Zero-Soundtrack“9 erkennen. Das Lied „Only Time“ der irischen New-Age-Musikerin Enya wurde zur „inoffiziellen Trauerhymne für die Opfer der Terroranschläge“ erhoben (vgl. Arbeitskreis Studium populärer Musik: 58). Nachdem der Nachrichtensender CNN Szenen des einstürzenden World Trade Centers mit „Only Time“ unterlegt hatte, wurde es in den USA (besonders unter dem „älteren“ Publikum) bekannt und beliebt und wird heute auch gerne zu Beerdigungen und Gedenkveranstaltungen gespielt (vgl. Hirsch 2012: 136). Es drückt neben trauriger Schönheit auch den Wunsch nach Akzeptanz des Geschehens aus (vgl. Arbeitskreis Studium populärer Musik: 58). Der Song widmet sich den im Leben unbeantworteten Fragen: „Who can say where the road goes, where the day flows, only time“. Seine mystisch klingende Melodie zeigt die Verbindung von Musik zu Spiritualität und keltischer Kultur10 (vgl. Hirsch: 2012: 136ff.).
Trotz aller Kritik vermochte dieses Lied die Gruppenhomogenität der Amerikaner zu stärken und zumindest für eine kurze Zeit Abweichler oder Kritiker unter hohem Uniformitätsdruck an die Gruppe zu binden und so eine Homogenisierung der Gruppenmeinung zu erreichen (vgl. Bierhoff/Herner 2002: 95). Seit dem 11. September 2001 ist „Only Time“ untrennbar mit diesem Ereignis verbunden und wird zu jedem Jahrestag wieder gespielt.
Patriotische Lieder als Zeichen der Einheit
9/11 und die bewusstgewordene Verletzlichkeit der USA stärkte die Gruppenkohäsion der US-Amerikaner. Diese Gebundenheit wurde des Weiteren erhöht durch die Zugehörigkeit zu einer exklusiven Gruppe (US-Amerikaner), Erfolgserwartungen (Vergeltung für die Anschläge und Verurteilung der Verantwortlichen) und das Vorhandensein einer äußeren Bedrohung in Form von weiteren Terroranschlägen durch al-Qaida (vgl. Bierhoff/Herner 2002: 119). Die erhöhte Gruppenkohäsion drückte sich unter anderem in dem (vermehrten) Konsum patriotischer Lieder aus. Diese haben in den USA eine lange Tradition. Neben inoffiziellen Hymnen wurden vor allem in der Country-Musik patriotische Lieder geschrieben und veröffentlicht. Zu den älteren Liedern, die nach 9/11 wieder vermehrt auftauchten, gehörten: „America the Beautiful“ (1910), „God Bless America“ (1918) sowie die offizielle US-Nationalhymne „The Star Spangled Banner“ (1814; Hymne seit 1931). Die Unterstützung des Krieges gegen den Terror wurde vor allem im Lager der Country-Musik laut vertreten,
u. a. durch Toby Keiths „Courtesy of the Red, White, & Blue (The Angry American)“, Darryl Worleys „Have You Fogotten?“ und Charlie Daniels‘ „This Ain’t No Rag, It’s A Flag“.
„God Bless the USA“ (1984) des Country-Sängers Lee Greenwood erfuhr aufgrund seiner patriotischen Darstellung der Liebe zu den USA und dem Stolz ein US-Amerikaner zu sein eine große Beliebtheit nach den Anschlägen und während des Irak-Krieges 2003 (vgl. Dauphin 2013): „And I’m proud to be an American; where at least I know I’m free; And I won’t forget the men who died; who gave that right to me. And I gladly stand up; next to you and defend her still today; ‘Cause there ain’t no doubt I love this land; God bless the USA” (scoutsongs.com). Erneute Verbreitung fand es nach dem Tod Osama bin Ladens im Mai 2011 (vgl. Dauphin 2013).
US-Country-Sänger Alan Jackson vor dem Pentagon (2002) By Darwinek at en.wikipedia [Public domain], from Wikimedia CommonsDas von den Amerikanern als am meisten patriotisch angesehene Lied ist zweifellos „Where were You (When the World Stopped Turning)“ von Alan Jackson. Kurz nach den Anschlägen veröffentlicht (November 2001) als Tribut für die Opfer von 9/11, wurde es ein großer Erfolg für den Country-Musiker (vgl. Owen 2003). Jackson selbst sagte über diesen Song: „I didn’t want to write a patriotic song. And I didn’t want it to be vengeful, either. But I didn’t want to forget about how I felt and how I knew other people felt that day.” (Owen 2003). Dem entsprechend widmet sich der Song auch der Frage, was man an jenem Dienstagmorgen im September gemacht hat und gibt eine Reihe von Antwortmöglichkeiten und Reaktionen auf diesen Terrorakt, wie
Where were you when the world stopped turning that September day; out in the yard with your wife and children; working on some stage in LA; did you stand there in shock at the site of that black smoke rising against that blue sky.
(metrolyrics.com)
Persönliches Erleben, Beschreiben und Verarbeiten der Anschläge in der Musik
Viele Künstler versuchten auf ihre Art und Weise mit diesem traumatischen Ereignis umzugehen. Die Terroranschläge und die (Folge-) Ereignisse in Songtexten (und teilweise auch in den dazugehörigen Musikvideos) zu verarbeiten kann als Coping-Strategie angesehen werden um dieses Trauma zu überwinden (vgl. Bongar et al. 2007: 468). Eine verbreitete und bekannte Therapieform zur Behandlung von psychologischen Traumata ist die narrative Expositionstherapie. Hierbei handelt es sich um ein international anerkanntes erzählendes Verfahren, welches für Opfer politischer Verfolgung und für kriegstraumatisierte Zivilisten in Krisenregionen entwickelt wurde (vgl. Sack et al. 2013: 264). Neben der „ausführlichen schriftlichen Dokumentation der Lebensgeschichte [… werden] insbesondere die traumatischen Erlebnisse in allen Details aufgearbeitet“ (Lohaus/Domsch 2009: 287). Ziel11 ist u. a. die erlebten Traumata in eine narrativ-strukturierte Erzählung einzubinden und somit zu lernen, dass diese Erlebnisse eine Erinnerung sind und keine aktuelle Bedrohung darstellen (vgl. Lohaus/Domsch 2009: 288). „Dabei wird darauf geachtet, dass belastende emotionale Inhalte im Detail und ohne Vermeidung verbalisiert werden, gleichzeitig wird immer wieder auf die Gegenwart fokussiert“ (vgl. Sack et al. 2013: 264).
In vielen Liedern nach 9/11 lassen sich diese Strukturen erkennen, da viele der Songs für sich eine narrativ-strukturierte Erzählung des Traumas aus unterschiedlichen Perspektiven mit verschiedenen Schwerpunkten sind. Als Beispiele sind hier die folgenden Lieder zu nennen:
Rod MacDonald sang in seinem Song „My Neighbors in Delray“ (2003) über das Leben und die Vorbereitungen der zukünftigen Selbstmordattentäter:
My neighbors in Delray came from countries far away; and lived here freely among us; they studied all the ways of the good ol’ USA; thinking of ways to destroy us; and my neighbors in Delray got on their knees and prayed; for the strength to leave life behind them; so my neighbors in Delray wouldn’t be around to pay; the price for all the victims.
(lyrics.com)
“Little Did She Know (She kissed a Hero)” von Kristy Jackson (2001) handelt von einem Passagier des Fluges 93, der dabei half, den Anschlag auf das Kapitol zu verhindern:
Little did she know she’d kissed a hero; Though he’d always been one in her eyes; But when faced with certain death; He’d said a prayer and took a breath; And led an army of true angels in the sky; Little did she know she’d kissed a hero; Though he’d always been an angel in her eyes; Putting others first, it’s true; That’s what heroes always do; Now he doesn’t need a pair of wings to fly.
(anysonglyrics.com)
Darryl Worley zeichnet in “Have You Forgotten?” (2003) die Ereignisse des Anschlags auf das World Trade Center nach:
Have you forgotten how it felt that day?; To see your homeland under fire; And her people blown away; Have you forgotten when those towers fell?; We had neighbors still inside going thru a living hell; And you say we shouldn’t worry ‘bout bin Laden; Have you forgotten?
(cowboylyrics.com)
US-Sänger Bruce Springsteen (2008) By Craig ONeal (The Boss~Live!) [CC-BY-SA-2.0], via Wikimedia CommonsBruce Springsteen veröffentlichte im Juli 2002 mit „The Rising“ ein ganzes Album, welches sich mit den Erlebnissen rund um die Anschläge vom 11. September beschäftigte. Dan DeLuca sagte über das Album: „When it comes to music inspired by Sept. 11, nothing looms larger than ‚The Rising‘“ (DeLuca 2011). Das Album schaffte es auf Platz 1 der amerikanischen Billboard Charts und erhielt drei Grammy-Auszeichnungen. Jedoch sind nicht alle Songs des Albums als Reaktion auf die Terroranschläge vom 11. September 2001 entstanden, wie zum Beispiel „My City of Ruins“, welches im Jahr 2000 geschrieben wurde und den Niedergang von Asbury Park (New Jersey) beschreibt (vgl. rollingstone.com).
Zu den bekanntesten Liedern auf diesem Album gehören „Lonesome Day“ (Umgang mit dem Verlust einer geliebten Person), „Waitin‘ on a Sunny Day“ (Hoffnung auf zurückkehrendes Glück und Frieden), „You’re Missing“ (Verlust einer geliebten Person und das zukünftige Leben ohne diese), „The Rising“ (Geschichte eines Feuerwehrmanns beim Einsatz an Ground Zero direkt nach dem Einschlag des ersten Flugzeugs) und „My City of Ruins“ (Hoffnung auf die phönixgleiche Erhebung aus der Asche bzw. den Ruinen).
Die Albumtexte machen kontextuell Sinn in den Nachwirkungen von 9/11, jedoch sind die spezifischen Details, welche den Songs ihre Kraft geben, voller Anspielungen. Die Lieder handeln von den verheerenden Zerstörungen dieses Tages, aber die Sprache ist universell, so dass die Gefühle und Empfindungen keineswegs in Stein gemeißelt sind (vgl. DeLuca 2011).
Insgesamt weist die Gesamtsumme der erschienen Lieder eine narrative Expositionstherapieform für die US-amerikanische Bevölkerung auf: traumatische Erlebnisse werden in vielen Details aufgearbeitet (z. B. Passagiere auf dem Flug 93; Geschichte eines Feuerwehrmannes, Angehörige von Todesopfern). Auch wird ein Blick auf die Lebenslinie geworfen. Dies geschieht entweder mit Fragen oder mit eigenen Erzählungen, was man am 11. September 2001 getan und gefühlt hat (z. B. Alan Jackson). Das Vorlesen und die gegebenenfalls nötigen Ergänzungen der bisher erarbeiteten Narration erfolgt in Form weiterer Songs, die unterschiedliche Perspektiven und Erlebnisse zur Gesamtstruktur hinzufügen. Auch ein Ausblick auf den zukünftigen Alltag wird in machen Songs gegeben, zum Beispiel wie das Leben ohne einen geliebten Menschen weitergeht (z. B. Bruce Springsteen).
Kritische Lieder – Musikalischer Protest gegen den „War on Terror“ und die US-Politik
Neil Young bei einem Live-Auftritt 2008 in FlorenzBy Andrea Barsanti (Spirit Road) [CC-BY-2.0 or CC-BY-SA-3.0], via Wikimedia CommonsÜber die Jahre nahm die Gruppenkohäsion, ausgelöst durch 9/11, wieder ab und mit dem schwindenden Uniformitätsdruck wurden wieder vermehrt kritische Stimmen von Abweichlern laut. In einigen Songs konnte man auch ein posttraumatisches Wachstum erkennen.
Als eine der gravierendsten Folgen der Terroranschläge auf das WTC und das Pentagon, kann die aggressive Außenpolitik der USA mit ihren Kriegen in Afghanistan und Irak gesehen werden. Während viele Amerikaner direkt nach den Anschlägen den Einmarsch in Afghanistan (07. Oktober 2001) mit dem Ziel den Verantwortlichen für diese Gräueltaten, Osama Bin Laden, zu finden, nachvollziehen konnten, schwand dieses Verständnis für den Einmarsch in den Irak (20. März 2003) (vgl. Wilzewski 2004). Sowohl in der US-amerikanischen Bevölkerung als auch in der Musik konnte man eine zunehmende Ablehnung der Politik von Präsident George W. Bush feststellen.
In dieser Zeit und vor allem aufgrund der völkerrechtswidrigen Invasion des Iraks wurden vermehrt kritische Songs im Stil von Protest-Songs und Anti-Kriegs-Liedern veröffentlicht. Während die Country-Musik am lautesten den Krieg gegen den Terror befürwortet hatte (z. B. Darryl Worley und Charlie Daniels), brachten viele bekannte Country-Sänger kritische Anti-Kriegs-Lieder heraus, wie Willie Nelson, Merle Haggard, Emmylou Harris oder Neil Young. Letzterer veröffentlichte 2006 mit „Let’s Impeach The President“ eine musikalische Forderung der Amtsenthebung von Präsident Bush aufgrund folgender Verfehlungen:
Let’s impeach the President for lying; and misleading our country into war; Abusing all the power that we gave him; And shipping all our money out the door. […] Let’s impeach the president for hijacking; Our religion and using it to get elected; Dividing our country into colors; And still leaving black people neglected. (azlyrics.com).
Angewandt auf die US-Bevölkerung als Ganzes, können neben der abnehmenden Gruppenkohäsion in einzelnen Liedern weitere Elemente des posttraumatischen Wachstums erkannt werden:
Die Black Eyed Peas klagen in ihrem Song „Where is the Love?“ (2003) mehrere globale Probleme an, wie Krieg, Terrorismus, Bandenkriminalität und Welthunger:
What’s wrong with the world mama; People living like they ain’t got no mama; I think the whole world’s addicted to the drama; Only attracted to things that will bring you trauma; Over seas, yeah, we tryin‘ to stop terrorism; But we still got terrorists here living in the USA; The big CIA, the Bloods, and the Crips and the KKK; […][/pl_blockquote]
Der Refrain lässt eine religiöse Entwicklung erkennen, indem Gott um Hilfe bzw. um Antworten gebeten wird:
People killing, people dying; Children hurtin’, hear them crying; Can you practice what you preach; Or would you turn the other cheek; Father father father father help us; Send some guidance from above; ‘Cause people got me, got me questioning; Where is the love; Where is the love; Where is the love; Where is the love the love the love”.
(lyrics007.com)
Die US-Sängerin P!nk beanstandet in ihrem Lied „Dear Mr. President“ (2006), welches als eine Art offener Brief an Präsident Bush formuliert ist, verschiedene Regierungsentscheidungen, wie zum Beispiel den Irakkrieg, die Diskriminierung von Homosexuellen und den „No Child Left Behind Act“, aber kritisiert gleichzeitig auch George W. Bush als Person, in dem sie ihm u. a. seinen Alkohol- und Drogenkonsum vorwirft:
How do you sleep while the rest of us cry? How do you dream when a mother has no chance to say goodbye? How do you walk with your head held high? Can you even look me in the eye, and tell me why? […] What kind of father would take his own daughter’s rights away? And what kind of father might hate his own daughter if she were gay? I can only imagine what the first lady has to say; You’ve come a long way from whiskey and cocaine.
(lyricsfreak.com)
Im weiteren Sinne ist hier das Erkennen neuer Möglichkeiten für den weiteren Entwicklungsweg der Vereinigten Staaten erkennbar und ein neues Gefühl von persönlicher Stärke, die etwas Furchtloses in sich trägt, da der US-Präsident direkt angesprochen und kritisiert wird.
Musik als Soundtrack öffentlicher Meinung?
Gedenken an den 11. September 2001 – „Tribute in Light“ am Ground Zero (2004) By Derek Jensen (Tysto), 2004-September-11 via: http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Wtc-2004-memorial.jpg
„[…] popular music sets a tone for what is important in a given area. As such, it provides us with something of a soundtrack of public opinion” (Garofalo 2006). Das Phänomen des „Soundtrack of public opinion“ ist in Amerika nicht selten und tritt vor allem bei tragischen Vorfällen auf:
Vietnam-Krieg: Barry McGuire – Eve of Destruction vs. Barry Sadler – The Ballad of the Green Beret
Mega Fundraising Concerts: „Live Aid” (Hungersnot in Äthiopien, 1985), „A Concert for Hurricane Relief” (Hurricane Katharina 2005), „Hope for Haiti Now” (Erdbeben in Haiti 2010); „America: A Tribute to Heroes” (9/11)
Oklahoma City Bombing: Garth Brooks – The Change (A musical Tribute to the heroes of the bombing of the Oklahoma City Alfred P. Murrah Federal Building in 1995)
In Europa scheint der „Soundtrack der öffentlichen Meinung“ nicht oft vertreten zu sein. Zwar gab es Anti-Kriegs-Lieder und Protestlieder (z. B. gegen Atomkraft), jedoch scheint es keine Lieder zu geben, welche die öffentliche Meinung nach Katastrophen wiederspiegeln. Nach den Terroranschlägen von Madrid (2003) und London (2005) trat dieses Phänomen nicht auf. Ob es außer der moralisch und ethisch bedenklichen Nutzung des Liedes „Ding Dong! The Witch Is Dead“ (Zauberer von Oz) zum Tode von Margret Thatcher (vgl. spiegel.de) weitere Soundtracks öffentlicher Meinung gibt, müssen weitere Forschungen klären.
(Unvollständige) Liste von Liedern mit Bezug zum 11. September
Die folgende Liste mit Liedern, die einen Bezug zum 11. September 2001 haben ist unvollständig und soll nur einen kurzen Überblick über die Bandbreite der verschiedenen Themen und unterschiedlichen Musikgenres geben:
Antiflag (2001): 9/11 for peace
Emilie Autumn (2001): By The Sword [released as a charity single]
The Charlie Daniels Band (2001): This Ain’t No Rag, It’s a Flag
Cher (2001): Song For The Lonely
Kristy Jackson (2001): Little Did She Know (She’d Kissed a Hero)
Alan Jackson (2002): Where Were You (When the World Stopped Turning)
Sleater-Kinney (2002): Far Away
Bruce Springsteen (2002): The Rising [komplettes Album]
The Black Eyed Peas (2003): Where is the Love?
Paris (2003): What Would you Do?
Iced Earth (2004): When The Eagle Cries
Within Temptation (2004): Stand My Ground
Dream Theater (2005): Sacrificed Sons
Immortal Technique (2005): Bin Laden
Will Smith feat. Mary J. Blige (2005): Tell Me Why
Mark Knopfler and Emmylou Harris (2006): If This Is Goodbye
Velvet Revolver (2007): Messages
Sheryl Crow (2008) God Bless This Mess
Lily Allen (2009): Him
Jay-Z und Alicia Keys (2009): Empire State on Mind
Beyoncé (2011): I Was Here
The Low Anthem (2011): Boeing 737
Rick Tallis (2012): The Moment to Know
Auswahl an Liedern mit Bezug zu 9/11
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Kurz nach den Anschlägen wurde von „Clear Channel Communications, Inc.“13 ein Memorandum an ihre mehr als 1.200 Radiostationen geschickt, mit einer Liste von „lyrically questionable songs“, welche aus Pietätsgründen nicht gespielt werden sollten. Gründe hierfür waren z. B. Textzeilen wie „If I Can Make It There, I Can Make It Anywhere“ (Frank Sinatra: New York, New York) oder einfach nur das Vorkommen von Wörtern wie „falling“, „bomb“, etc. Die US-Band Rage Against The Machine stand mit all ihren Songs in diesem Dokument. Die Liste beinhaltet u. a.:
AC/DC: T.N.T
Alice in Chains: Down in a Hole
Alien Ant Farm: Smooth Criminal
Louis Armstrong: What a Wonderful World
The Bangles: Walk Like an Egyptian
The Beatles: Ticket to Ride
Pat Benatar: Hit Me with Your Best Shot
Black Sabbath: War Pigs
Blue Öyster Cult: Burnin’ For You
The Crazy World of Arthur Brown: Fire
Bush: Speed Kills
Phil Collins: In the Air Tonight
Skeeter Davis: The End of the World
Drowning Pool: Bodies
Bob Dylan: Knockin’ on Heaven’s Door
Foo Fighters: Learn to Fly
The Hollies: He Ain’t Heavy, He’s My Brother
Billy Joel: Only the Good Die Young
Kansas: Dust in the Wind
Led Zeppelin: Stairway to Heaven
John Lennon: Imagine
Lynyrd Skynyrd: Tuesday’s Gone
Metallica: Enter Sandman
Nena: 99 Red Balloons
Peter, Paul and Mary: Blowin’ in the Wind
Queen: Another One Bites the Dust
R.E.M: It’s the End of the World as We Know It (And I Feel Fine)
Frank Sinatra: New York, New York
Auswahl an Liedern, die im Clear Channel Memorandum Erwähnung finden
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Garth Brooks (1995): The Change (A musical Tribute to the heroes of the bombing of the Oklahoma City Alfred P. Murrah Federal Building in 1995). http://vimeo.com/8716214 (letzter Zugriff: 19.07.2013)
Arbeitskreis Studium Populärer Musik (ß): 9/11 – the world’s all out of tune
BIERHOFF, Hans-Werner; und HERNER, Michael Jürgen (2002): Begriffswörterbuch Sozialpsychologie. Stuttgart: W. Kohlhammer GmbH.
BONGAR, Bruce; BROWN, Lisa M.; BEUTLER, Larry E.; BRECKENRIDGE, James N.; und ZIMBARDO, Philip (Editors) (2007): Psychology of Terrorism. New York: Oxford University Press.
CAPERS, Bennet (2010): Crime Music. In: Ohio State Journal in Criminal Law 7(2), S. 749-769.
CUFFARO, Daniele (2011): American Myths in Post-9/11 Music. o.A.: Sparkling Books Ltd.
FISHER, Joseph P.; and FLOTA, Brian (2011): The Politics of Post-9/11 Music: Sound, Trauma, and the Music Industry in the Time of Terror. Burlington, VT: Ashgate Publishing Company.
JÄGER, Thomas (2011): Die Welt nach 9/11: Auswirkungen des Terrorismus auf Staatenwelt und Gesellschaft. Zeitschrift für Außen- und Sicherheitspolitik. Sonderheft 2/2011. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften.
LOHAUS, Arnold; und DOMSCH, Holger (2009): Psychologische Förder- und Interventionsprogramme für das Kindes- und Jugendalter. Heidelberg: Springer Medizin Verlag.
SACK, Martin; SACHSEE, Ulrich; und SCHELLONG, Julia (2013): Komplexe Traumafolgestörungen. Diagnostik und Behandlung von Folgen schwerer Gewalt und Vernachlässigung. Stuttgart: Schattauer GmbH.
Es wird davon ausgegangen, dass der Leser/die Leserin über ein Grundwissen zu den Terroranschlägen vom 11. September 2001 verfügt, weshalb hier auf eine nähere Erläuterung verzichtet wird. Für nähere Informationen empfehle ich Hoffman, Bruce (2006): Inside Terrorism. Revised and expanded Edition. New York: Columbia University Press; sowie Wright, Lawrence (2006): Der Tod wird Euch finden – al-Qaida und der Weg zum 11. September. Hamburg: Spiegel-Buchverlag. ↩
Unter Trauma versteht man eine emotionale oder psychologische Verletzung, die gewöhnlich nach einer extremen Stress-Situation oder einem lebensbedrohlichen Ereignis eintritt (vgl. Bongar 2007: 473). ↩
Unter Gruppenhomogenität versteht man Mitglieder, die hinsichtlich bestimmter Merkmale (z. B. Geschlecht, Meinungen, etc.) ähnlich sind (vgl. Bierhoff/Hener 2002: 95). ↩
Kohäsion bzw. Gruppenkohäsion bezeichnet die Gebundenheit der Mitglieder an eine Gruppe bzw. die Attraktivität der Gruppe für den Einzelnen (vgl. Bierhoff/Herner 2002: 119). ↩
Von Gruppenkultur spricht man, wenn „eine Gruppe über gemeinsam geteilte Erahrungen verfügt, die sie z.B. über ritualisierte Handlungen, über das Erzählen von Geschichten oder über Symbole kommuniziert“ (Bierhoff/Herner 2002: 95). ↩
Coping-Strategien sind bewusste, rationale Strategien, um Ängste sinnvoll zu bekämpfen (vgl. Bongar et al. 2007: 468). ↩
Hierunter versteht man die Entwicklung bzw. den Entwicklungsfortschritt von Menschen nach einem traumatischen Erlebnis, welche sich durch mehr intime, emotional offene Beziehungen, das Erkennen neuer Möglichkeiten für den eigenen Lebensweg, eine profunde Einschätzung von dem, was das Leben zu bieten hat, ein verbessertes Gefühl von persönlichen Stärken und religiöse oder spirituelle Entwicklung zeigt (vgl. Bongar et al. 2007: 471). ↩
Capers (2012) wies darauf hin, dass die Synchronizität, die entsteht, wenn Menschen gemeinsam Musik machen oder hören, eine Motivation sein kann, sich als Gruppe zu fühlen und sich einem gemeinsamen Ziel verpflichtet zu fühlen. Es kann jedoch auch die umgekehrte Reihenfolge eintreten; nach einer wahrgenommenen Stresssituation, die Menschen verbindet (höhere Gruppenkohäsion), kann Musik als Ventil dienen, die gefühlte Zusammengehörigkeit auszudrücken. ↩
Ground Zero (Bodennullpunkt) ist die militärische Bezeichnung für die Explosionsstelle einer Bombe über dem Boden und steht seit 9/11 auch für das zerstörte World Trade Center in New York. ↩
James McCarthy und Euan Hague kritisieren gerade diese keltisch-beeinflusste Komponente des Liedes, da „Celtic identity in Europe as well as in America is predominantly a Caucasian identity“ (Hirsch 2012: 137). ↩
Ein Sitzungsablauf gliedert sich wie folgt: „1) Rückblick auf die Tage seit der letzten Sitzung; 2) Blick auf die Lebenslinie; 3) Vorlesen und ggf. Ergänzen der bisher erarbeiteten Narration; 4) Fortsetzung der Narration mit Schwerpunkt auf die traumatischen Erlebnisse in der Lebensgeschichte; 5) Abschluss der Sitzung mit Ausblick auf den Alltag bis zur nächsten Sitzung“ (Lohaus/Domsch 2009: 288). ↩
Das Abspielen der in diesem Artikel eingebetteten Lieder setzt eine Mitgliedschaft bei Spotify voraus. ↩
Hierbei handelt es sich um ein US-amerikanisches Medienunternehmen. 1972 gegründet, hat es seinen Sitz in San Antonio, Texas. ↩