Das Büro des Bürgermeisters für Öffentliche Sicherheit und Heimatschutz der Stadt Houston in Texas hat Reaktion auf den Amoklauf in Aurora, Colorado ein Ratgebervideo mit Überlebenstipps veröffentlicht.
Im Stile eines Hollywood-Blockbusters wird ein Amoklauf eines bewaffneten Mannes in einem Bürogebäude filmisch inszeniert und anhand verschiedener Szenarien die drei Überlebensstrategien „Run. Hide. Fight.“ durchgespielt.
Einleitend heißt es in dem Video:
Sometimes bad people do bad things.
und weiter:
If you ever find yourself in an active shooter event your survival may depend if whether or not you have a plan.
Nachfolgend werden die drei Überlebensstrategien Run, Hide, Fight vorgestellt und von einem Sprecher aus dem Off kommentiert. Am Ende der Spielfilmsequenzen wird ein Standbild mit den wichtigsten Verhaltensregeln eingeblendet.
Run
Hide
Fight
Es ist nachvollziehbar, dass angesichts von Amokläufen wie jüngst in Colorado die Verunsicherung vieler Bürger, aber auch Ordnungshüter groß ist. Dem großen Leid unschuldiger Opfer, sorgfältig und öffentlichkeitswirksam durch den Täter – und schließlich die Medien – inszeniert, steht der machtlose Staat gegenüber, der sich angesichts der Singularität solcher Tat nicht in der Lage erweist, seine Bürgerinnen und Bürger zu beschützen.
Eben hier setzt das Ratgeber-Video an und möchte die Zuschauer auf den Ausnahmezustand vorbereiten:
Know that in an incident like this victims are generally chosen randomly. The event is unpredictable and may evolve quickly.
Oder auch:
Be aware and be prepared. And if you find yourself facing an active shooter there are three key things you need to remember to survive: Run. Hide. Fight.
Durch diese Sensibilisierung wird jedoch der Ausnahmezustand präsent, das Außergewöhnliche wird alltäglich, die latente Furcht wird konkret.
Michael Walter schreibt auf Telepolis m.E. völlig zutreffend:
Das Hauptproblem des Videos ist aber zweifellos die durch den Erzähler und die Einblendungen erzeugte Suggestion, dass Amokläufe wie der in Aurora eine permanente Alltagsbedrohung darstellen. Aus dieser Perspektive betrachtet dürfte „Run.Hide.Fight“ entgegen der eigentlichen Intention die Verunsicherung oder Verängstigung der Bürger nach dem Amoklauf von Aurora eher verstärken.
Weitergehend ließe sich das Video in eine Reihe mit vielen weiteren Maßnahmen einordnen, die der Antizipation von Risiken dienen.
Wir leben in einer sehr sicheren Gesellschaft, in der die (statistisch gesprochen) größte Gefahr für Leib und Leben von Herzinfarkten und Krebserkrankungen ausgeht; nicht jedoch von Amokläufern, Terroristen oder Sexualstraftätern.
Das scheinbar „Gewappnetsein“ (im Englischen häufig als precaution, preemption, oder preparedness beschrieben) gibt dem Unvorstellbaren Kontur und rationalisiert die (wiederum statisch gesprochen) irrationale Furcht. Ganz im Sinne des Thomas-Theorem wird die Bedrohung real – mit all ihren furchterregenden Folgen, aber auch allen ihren Konsequenzen, die die Logik der Prävention gebieten.
Richtigerweise müßte es natürlich heißen:
Fight – Run – Hide – Fight harder – Save the innocents – Fight to the end – Get the girl.
Solcherlei Kommentare bitte zukünftig mit „Spoiler Alert“ kennzeichnen. Sonst nimmst Du Leserinnen und Lesern ja den ganzen Spaß an Die Hard 1-4, Leathal Weapon 1-4 etc. 😉