Am 13. April 2012 haben wir unseren Freund und Kollegen Christian Lüdemann verloren.
Als Doktorand von Karl-Dieter Opp hatte Christian Lüdemann sich bereits der Erforschung von Alltagstheorien des Strafgesetzgebers gewidmet, sich also in einem Kernbereich der kritischen Kriminologie betätigt. Und das blieb auch so – obwohl er sich selbst nie der Zunft der Kriminologen (und schon gar nicht ihrer „kritischen“ Untergliederung) zurechnete: ganz ohne Rücksicht auf Selbst- und Fremdetikettierungen engagierte er sich in Forschungsprojekten zur Entstehung von Strafrechtsnormen und zu informellen Absprachen in Strafverfahren, habilitierte sich (als Hochschulassistent für Methoden und Statistik an der Universität Bremen) mit einer empirischen Arbeit zum Umweltverhalten und blieb dem Ansatz seiner Wahl (rational choice) auch in einem akademischen Ambiente treu, das derlei Präferenz und Rationalität nicht immer so zu goutieren vermochte, wie es Christian Lüdemanns Beiträge zu Theorie und Empirie der Rechts- und Kriminalsoziologie verdienten. Dass der Privatdozent und erfolgreiche Lehrbuch-Autor („Soziologie der Kriminalität“ mit Thomas Ohlemacher), der sich lieber von Argumenten als von Stimmungen beeinflussen ließ, von 2003 an seine herausragende Expertise im Einwerben von Drittmitteln und Durchführen von Projekten dem Institut für Sicherheits- und Präventionsforschung (ISIP) zugutekommen ließ, war für alle, die ihn hier kennen lernen und von seinem Wissen und seinem unvergleichlichen Humor profitieren durften, eine unvergessliche und überaus bereichernde Erfahrung.
Die letzten 21 Monate waren eine Zeit des Rückblicks, des Ertragens einer schweren, viel Tapferkeit erfordernden Krankheit und des Abschieds von „meinen 30 Jahren Wissenschaft“, wie er die so produktive, kreative und von uns allen so genossene Zeit nannte. Das ISIP verdankt ihm so hervorragende Projekte wie diejenigen über „‘Incivilities‘, Sozialkapital und Kriminalität“ und „Der überwachte Bürger zwischen Apathie und Protest“.
Für das Institut für Sicherheits- und Präventionsforschung und das Institut für Kriminologische Sozialforschung:
Christina Schlepper und Sebastian Scheerer