
Der Politikwissenschaftler und Kriminologe James Q. Wilson verstarb am letzten Freitag, den 2. März, im Alter von 80 Jahren in einem Krankenhaus in Boston.
James Q. Wilson dürfte allen Kriminologen und den meisten soziologisch geschulten Menschen als Co-Autor des 1982 erschienen Aufsatzes „Broken Windows: The police and neighborhood safety“ bekannt sein.
In diesem Aufsatz vertreten die Autoren die Auffassung, dass bereits kleinere Sachbeschädigungen oder andere Zeugnisse des „sozialen Ungehorsams“(wie eine zerbrochene Fensterscheibe) zu einer Abnahme der sozialen Kontrolle führen können und damit maßgeblichen Einfluss auf eine erhöhte Kriminalitätsfurcht der Anwohner und die Entwicklung der Kriminalität als solcher haben können.

Als Vertreter einer strikten Policing-Strategie ist die Arbeit von Wilson keineswegs unumstritten. Während die Mehrheit der Scientific Community ab den späten 1960er Jahren für eine Konzentration auf die sog. „root causes of crime“ eintraten, um die sozialen Entstehungsbedingungen von Kriminalität zu verstehen, lehnte Wilson eine solche täterzentrierte Kriminologie ab. Bereits in seinem 1975 erschienen Buch „Thinking About Crime“ vertrat er die Ansicht, dass lange Haftstrafen das effektivste Mittel seien, um die Kriminalitätsrate zu senken. Zwar wäre die abschreckende Wirkung der Strafandrohung gering, aber ein Rückfall der (langjährig) inhaftierten Täter sei ausgeschlossen.
In den 1990er Jahren diente schließlich die Broken Windows Theory der New Yorker Polizei als Blaupause für die sog. Zero-Tolerance Strategie – einer Policing-Methode, die sich durch hartes und ausnahmsloses polizeiliches Durchgreifen bei entdeckten Verstößen auszeichnet. Der unten verlinkte Artikel von Henner Hess zeugt von der kontrovers geführten wissenschaftlichen Debatte um diese Art der Polizeiarbeit.
Ungeachtet der vielfältigen Kritik an seiner Arbeit, kann der im Nachruf der Washington Post zitierten Aussage zugestimmt werden, James Q. Wilson sei “probably the most influential single writer on crime in America.” (Christopher Jencks).
Nachstehend finden sich einige Links zur Person und Arbeit von James Q. Wilson
- Mitarbeiterprofil auf der Seite der Pepperdine University, Kalifornien – School of Public Policy
- Kelling, George L.; Wilson, James Q. (1982): Broken Windows. The police and Neighborhood Safety. The Altlantic. [Volltext]
- James Q. Wilson and George L. Kelling. „BROKEN WINDOWS: The police and neighborhood safety“ (PDF-Version)
- Ausführungen zur Broken Windows Theorie auf KrimTheo (passwortgeschützt)
- Kelling, George L; Coles, Catherine M (1997): Fixing broken windows. Restoring order and reducing crime in our communities. New York: Simon & Schuster.
- Hess, H. (2004): Broken Windows: Zur Diskussion um die Strategie des New York Police Department. Zeitschrift für die Gesamte Strafrechtswissenschaft. Band 116, Heft 1, Seiten 66–110.