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Vortragsabend: VIGILANTISMUS (Arbeitstitel)
am 1. Juni 2011, 18:00 Uhr
Im Jahre 1981 erschießt Marianne Bachmeier den mutmaßlichen Mörder ihrer Tochter in einem Lübecker Gerichtssaal. Das Ereignis geht als erster Fall von „Selbstjustiz“ in einem Gerichtssaal in die deutsche Kriminalgeschichte ein. Im Nachhinein wird viel von Rache gesprochen, aber auch von einer möglichen Mitschuld der Justiz an der Tat. Fast 30 Jahre später ist das Thema „Selbstjustiz“ wieder hoch aktuell und scheint vor allen Dingen ein globales Comeback zu feiern.
Im Streit um die nachträgliche Sicherungsverwahrung in Deutschland wird eine Debatte darüber geführt, ob die persönlichen Daten entlassener Straftäter im Internet veröffentlicht werden sollen. Es wird jedoch u.a. befürchtet, ein solches öffentliches „Anprangern“ der Täter könne zu Selbstjustiz führen. Im Bayern werden Bürger dazu aufgerufen, sich für die Mitarbeit in einer privaten Sicherheitswacht zu melden und in Italien führt Ministerpräsident Silvio Berlusconi zivile Bürgerwehren ein. In beiden Fällen wird mit einer effektiveren Kriminalitätskontrolle und einem verbesserten Sicherheitsgefühl der Bürger argumentiert. Auch außerhalb Europas sind (wieder) vermehrt Phänomene privater oder privat-öffentlicher Formen der Sicherheitsherstellung im Zusammenhang mit Kriminalität und/oder sozialer Transgression zu beobachten: von Lynch-Mobs in Guatemala und Jugendgangs in Westafrika, über informelles Policing in Irland bis hin zu privaten Milizen in Russland – Vigilantismus hat scheinbar Konjunktur.
Allein diese wenigen Beispiele zeigen auf, dass Vigilantismus ein enigmatisches, vielschichtiges und emotional stark aufgeladenes Phänomen ist, welches sich nur schwer konzeptualisieren und von anderen Phänomenen abgrenzen lässt. Insbesondere im Kontext aktueller Trends zur zunehmenden Privatisierung von Sicherheit, ist diese Grenzziehung oft schwierig.
Vigilantismus ist zudem durch ein paradoxes und mehrdeutiges Verhältnis sowohl zum Staat als auch zum Recht gekennzeichnet. Menschen, die das „Recht in die eigene Hand nehmen“ bewegen sich häufig in einem moralischen und rechtlichen Graubereich zwischen Heldentum und Verbrechen und fordern das staatliche Gewaltmonopol heraus.
Wir rufen Sie daher auf, uns bis zum 15.März Abstracts mit Vortragsangeboten zukommen zu lassen, die sich u.a. mit diesen Fragen der Konzeptualisierung von Vigilantismus und seiner Abgrenzung zu ähnlichen Phänomenen, seinen Entstehungsbedingungen, seinen Ausprägungen, seinem Verhältnis zu Staat und Recht, oder seiner Rezeption in der Öffentlichkeit befassen.
Mögliche Themenschwerpunkte:
- Geschichte und Konzeptualisierung des Vigilantismus
- Vigilantismus und der Staat
- Vigilantismus und das Recht
- Funktionen des Vigilantismus (z.B. als alternative Konfliktlösung?)
- Virtueller oder Cyber-Vigilantismus
- Vigilantismus in „Popular Culture“ (Literatur, Film, Reality-TV)
Abstracts mit einer Länge von max. 300 Wörtern reichen Sie bitte bis zum 15.März 2011 unter krim-ini@gmx.de ein. Rückmeldungen erhalten Sie bis zum 1.April 2011. Veranstalterin ist die Kriminologische Initiative Hamburg e.V. (www.kriminologen.de)
DAMerrick schreibt
Was soll man sagen?
Wo die Behörden nicht schützen können und durch das Internet so schön deutlich wird das gerade die eigentlich schützenden Behörden nur dem Schutz der Regierung dienen und Beamte sich gegenseitig decken
(Um es mit der Stupipedia zu sagen: Polizisten tragen Uniformen, damit sie nicht aus Versehen Kollegen sondern nur unschuldige Zivilisten verhaften und hinterrücks mit 13 Kugeln erschießen)
genau dort bilden sich Milizen, Bürgerwehren und Paramilitärische Gruppen. Große Unternehmen setzen auf halblegale Schutzwachen, Dörfer und kleinere Städte bilden Bürgerwehren und der tödliche Rächer der Mörder und Sexualstraftäter wird als Held und Gerechtigkeit gefeiert.
Man kann sich noch so sehr auf das geltende Recht und Gesetz berufen, wenn es als herrschendes Unrecht aufgefasst wird ist eine Argumentation auf theoretischen Annahmen umsonst.