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Public Criminology: „Bin ich kriminell?“ – Plakat-Kampagne zum Thema „fiddling“ am Arbeitsplatz

Am 21. Januar 2011 gepostet von Christian Wickert

Haben Sie schon mal einen Kugelschreiber aus dem Büro eingesteckt oder schon mal Ihre Reisekosten zu Lasten Ihres Arbeitgebers aufgerundet? Sind Sie schon mal ein bisschen später zur Arbeit gekommen, ein bisschen früher gegangen und haben zwischendurch die ein oder andere nicht-reguläre Zigaretten- und Kaffeepause eingelegt? Ja?! Dann haben Sie sich strafbar gemacht! Wussten Sie es noch gar nicht? Sie sind kriminell! Ihr Vergehen: Fiddling. Ob Bürodiebstahl, Spesenbetrug oder das Nichteinhalten von Unternehmensregeln, Fiddling beschreibt Bagatelldelikte und ist in unserer Gesellschaft allgegenwärtig.

Die Kampagne „Bin ich kriminell?“ wurde aus der Frage heraus entwickelt, ob fiddling wirklich ein akzeptabler und moralisch vertretbarer Kündigungsgrund ist und ob es die Kriminalisierung einzelner Angestellter rechtfertigt, obwohl sie sich im mitunter jahrelang bestehenden Beschäftigungsverhältnis nichts zu Schulden haben kommen lassen?

Der Fall „Emmely“, bei der der Kassiererin Barbara Emme fristlos gekündigt wurde, weil sie zwei ihr nicht gehörende Pfandbons im Wert von 1,30 Euro eingelöst hatte, veranschaulicht, dass es sich auf symbolischer Ebene längst um einem Streit zwischen scheinbar entmündigten Arbeitnehmern und gewissenlos handelnden Arbeitgebern handelt. Es entsteht der Eindruck, dass immer mehr Arbeitgeber die Option der Verdachtskündigung nutzen, um ihre Angestellten schnell und bequem loszuwerden. Dieser Eindruck erhärtet sich zudem dann, wenn die Angestellten Betriebsratsmitglieder sind oder einer Gewerkschaft angehören.

Die Poster der Kampagnen zeigen vier Arbeitnehmer als Verbrecher. Jedes Motiv steht dabei für einen Vorfall, der kürzlich vor einem Arbeitsgericht verhandelt wurde. Neben dem „Emmely“-Fall sorgte der ebenso bekannte Prozess einer Altenpflegerin, die übriggebliebene Maultaschen nach der Essensausgabe für den eigenen Verzehr mit nach Hause genommen hatte. Ein weiteres Beispiel ist die „Stromklau“-Causa, bei dem einem Mitarbeiter gekündigt wurde, nachdem er sein Mobiltelefon am Arbeitsplatz aufgeladen hatte. Der Schaden des Unternehmens belief sich auf 0,014 Cent. Viertes Beispiel ist die Kündigung eines Arbeitnehmers, der drei Schrauben im Wert von insgesamt 28 Cent unterschlagen hatte.

Die Arbeitsgemeinschaft hinterfragt die arbeitgeberorientierte Einstellung innerhalb eines Plakat-Projekts und möchte fokussiert Öffentlichkeit erzeugen, um für das Thema Verdachtskündigungen zu sensibilisieren. Ziel der Kampagne ist außerdem, eine Diskussion anzustoßen, die dazu führt, dass Arbeitgeber verinnerlichen, dass fiddling weniger eine Straftat, sondern vielmehr ein Unzufriedenheit-Index der Angestellten ist. Auf diese Weise werden zukünftig eventuell weniger Fiddling-Fälle vor einem Arbeitsgericht, sondern intern im Unternehmen verhandelt. Wenn die Arbeitgeberseite versteht, warum Angestellte stehlen, kann die Ursache von vornherein unterbunden werden.

Ein ausführlicher Projektbericht zur Fiddling-Kampagne „Bin ich kriminell?“ steht hier zur Verfügung.

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Kategorie: Devianz und Kriminalität, Kontrolle und Sanktionen, Prävention, Wirtschaftskriminalität Stichworte: Diebstahl, Fiddling, Public Criminology, Unterschlagung, Wirtschaft

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Kommentare

  1. DAMerrick schreibt

    7. Februar 2011 um 00:45

    Jede neue Schlagzeile von Milliardengewinnen wenn vorher 3,000 Mitarbeiter entlassen wurden…
    Jeder neue Spesenskandal, wenn vorher auf Staatshilfen gepocht wurde…
    Und jeder neue Fall von Arbeitnehmerrechtekürzungen…
    Und noch viele andere Beispiele…

    sorgen dafür das die Hemmschwelle zum Diebstahl immer weiter sinkt und gleichzeitig die Moralvorstellungen sich weiter Pro Straftat bewegen.

    Anders gesagt: Wenn das Unternehmen selbst für die Mitarbeiter gesichtslos ist, der Personalchef nur noch als „Höhere Stufe“ angesehen wird, wenn Abmahnungen drohen wenn man krank ist oder wenn man gekündigt wird weil man eine Toilettenpause macht;
    dann werden auch die Mitarbeiter aufhören sich mit dem Unternehmen zu identifizieren und immer mehr stehlen. Denn das Unternehmen geht sie ja nichts an.

    Sie fühlen sich vom Unternehmen wie Vieh behandelt, also behandeln sie das Unternehmen wie eine gesichtslose Firma der es nicht weh tut wenn ihr Geld fehlt (Und es tut ihr ja nicht weh wenn sie 2Milliarden Gewinn macht)

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