Wer dieser Tage durch Hamburg schlendert, wird möglicherweise über „Fußnoten“ stolpern – weiße Stencil-Graffitis auf den Bürgersteigen – welche an die nationalsozialistische Vergangenheit der Hansestadt erinnern. Anlass für diese politische Kunstaktion war und ist der 65. Jahrestag des Kriegsendes am 08. Mai 1945. Auf der Webseite des Projektes fussnotemai45.de heißt es zum Hintergrund der Aktion:
Anlässlich des 65. Jahrestages der Niederlage des Nationalsozialistischen Deutschlands am 8. Mai 2010 will das Projekt Fußnote* diese vielschichtigen Dimensionen vergegenwärtigen und im öffentlichen Raum sichtbar machen. Dies geschieht durch temporäre Fußnoten (siehe Foto) an 33 Orten in Hamburg, die mit Nationalsozialismus im Alltag und Militarisierung der Gesellschaft, Denunziation, Verfolgung und Zwangsarbeit sowie Kriegsgeschehen und Kriegsende in Zusammenhang stehen.
Die markierten Orte führen die Verwobenheit von politischer Machtausübung, staatlichem und individuellem Terror, aber auch von Handlungsspielräumen vor Augen. Durch die Konkretisierung historischer Orte bildet das Projekt einen Gegensatz zu einem medialen Mainstream, der historische Ereignisse verwischt, die nationalsozialistischen Verbrechen unter die Ereignisse des Zweiten Weltkrieges subsumiert und die Geschichte des Nationalsozialismus durch das Narrativ einer Erfolgsgeschichte Deutschlands überschreibt. In Anlehnung an das Projekt IN SITU. Zeitgeschichte findet Stadt: Linz im Nationalsozialismus, ist auch das Projekt Fußnote* dabei dem »Prinzip der leisen Wirksamkeit« verbunden.
Letzte Woche hatte ich Gelegenheit, die „Fußnote“ vor dem Hamburger Rathaus aus ungewöhnlicher Perspektive zu fotografieren. Fußnote 33 thematisiert die Übergabe der Stadt an die britische Armee und die Entnazifizierungsprozess in der Nachkriegszeit:
Die Stadt wurde hier am 3. Mai 1945 kampflos der britischen Armee übergeben. Bei der Entnazifizierung wurden in Hamburg „nicht nur ein, sondern zwei Augen zugedrückt” wie der Bürgermeister Max Brauer 1953 feststellte.
Erläuterungen und Ortsangaben zu weiteren Fußnoten sowie nähere Informationen zum Projekt finden sich auf der Internetseite Fußnote*