Ein Bürger der Niederlande, in dessen PKW bzw. Hosentasche der deutsche Zoll am 30.09.2009 3,3 Kilo Cannabis und 0,002 Kilo Kokain entdeckte, äußerte die Bitte einer Freilassung aus der Untersuchunghaft. Ein Haftgrund liege nicht vor: er machte glaubhaft geltend, dass er in Holland in geordneten sozialen Verhältnissen lebte und aufgrund der europäischen Rechtshilfeabkommen in Strafsachen auch der deutschen Justiz nicht vollends entzogen wäre.
Das Oberlandesgericht Oldenburg beschloss allerdings am 04.11.2009 (Aktenzeichen 1 Ws 599/09), dass der Holländer besser in der deutschen U-Haft aufbewahrt sei. Warum wohl?
Nun, ganz einfach: als die Niederlande das EuAlÜbK ratifizierten, erklärten sie, dass sie ihre Staatsbürger nur dann ausliefern, wenn sie nach einer Verurteilung nach Holland zurück dürfen, um dort die Strafe zu verbüßen. Außerdem muss Deutschland sich mit dem sog. Umwandlungsverfahren (i.S. v. Art. 11 des Übereinkommens über die Überstellung verurteilter Personen, BGBl. II 1991, 1012) einverstanden erklären.
Die Oldenburger Richter fanden nun heraus, dass gerade die in Deutschland erfolgenden Cannabis-Verurteilungen in solchen Fällen in Holland erheblich herabgestuft werden, um eine nach holländischen Vorstellungen angemessene Strafdauer zu erzielen.
In Deutschland erwartet den Holländer nach Auskunft der Oldenburger Richter eine Mindeststrafe von 5 Jahren Gefängnis. In Holland wäre aber eine schuldangemessene Strafe – so wie man es in Deutschland sieht – nicht möglich.
Deswegen würde der U-Häftling, wenn man ihn entließe, höchstwahrscheinlich nach Holland fliehen, um dann unter diesen für ihn günstigen Bedingungen ausgeliefert und wieder zurück-ausgeliefert zu werden, um sich damit schließlich und endlich der Verbüßung einer „nach deutschem Recht als tat- und schuldangemessen angesehenen Strafe“ zu entziehen. Da es das zu verhindern gelte, habe der Holländer in deutscher (niedersächsischer) U-Haft zu verbleiben.
Quelle: Niedersächsische Rechtspflege 1/2010: 34-35.