In der heutigen Ausgabe des Lehrstuhl-Newsletters von Professor Roland Hefendehl (Kriminologie und Wirtschaftsstrafrecht) finden sich gleich zweimal indirekte Bezüge auf Hamburg. Der erste Bezug betrifft den jüngst verstorbenen Hamburger Rechtsanwalt Rieger (NPD) und dessen Abgewatschtwerden durch das Bundesverfassungsgericht. Tut ihm eh nicht mehr weh, kann man sagen. Aber wehtun tut es trotzdem: dem unter seinen Hütern leidenden Grundgesetz nämlich.
Der zweite Bezug ist noch indirekter und besteht in wenig mehr als der Nennung des Namens von Dieter Lenzen. Dieter Lenzen? Hamburg? Der ist doch Präsident der FU Berlin!?!, wird man jetzt sagen. Ja, das stimmt. Noch. Wer „Hamburg 1“ auch tagsüber sieht, weiss hingegen von den Gerüchten über eine vom Hamburger Hochschulrat insgeheim betriebene Abwerbung Lenzens auf das vakante und auch künftig nicht demokratisch zu besetzende Geheimamt des Hamburger Universitätspräsidenten. Das hatte ja letztes Mal schon so wunderbar funktioniert. Und dem Headhunter viel Geld in die Kasse gespült. Das wird diesmal auch wieder funktionieren. Good-bye Moni, hello Dieter?
Hier ist der Link: http://www.strafrecht-online.org/pdf.2009_11_20 #mce_temp_url#
Sebastian schreibt
Klandestine Postdemokratie?
Als ich mit Christina Schlepper über das Ganze sprach, äußerte sie Zweifel daran, dass die Präsidentenwahl an der Uni Hamburg etwas mit dem Ding zu tun haben könnte, das man als „Demokratie“ bezeichnet.
Sie schlug den Begriff „klandestine Demokratie“ vor und verwies auf den Spiegel-Online Bericht über die Umstände der – gestern zunächst einmal gescheiterten – Präsidentenwahl, die so im Geheimen ablief, dass sie auch Uniangehörigen erst über diese Internetquelle nachträglich zur Kenntnis kam:
[[http://www.spiegel.de/unispiegel/studium/0,1518,662176,00.html]]
Hier ein Auszug:
„Er gilt als heißester Kandidat für das Amt des Präsidenten an der Hamburger Universität. Aber pssst! – keiner darf’s wissen. Wechselt Dieter Lenzen, 61, bisher Präsident der FU Berlin, nach Hamburg? Will er da wirklich hin? Und wenn ja, gibt es noch andere Kandidaten? Offen sprechen will darüber praktisch niemand, der an der Hamburger Uni etwas zu sagen hat. Selten umwaberte die Suche nach einem neuen Hochschulleiter derart viel Nebel. (…)
Im Audimax erklärte Albrecht Wagner, Vorsitzender des Hochschulrates und auch der Findungskommission, wie der neue Uni-Präsident gewählt wird. Auf Kritik von Studenten an der Prozedur hinter verschlossenen Türen entgegnete er, der Modus entspreche den Hamburger Gesetzen, das Verfahren werde wie geplant durchgezogen. Sodann beendete der Senat nach kurzer Pause die öffentliche Sitzung, zog sich unter lautstarken Protesten zurück und verließ den Saal – „fluchtartig“, wie Studenten es beschreiben.
Seitdem tagt man unter Ausschluss der Öffentlichkeit, an einem geheimen Ort, damit das lästige Fußvolk nicht stören kann. Genau diese lästigen Studenten kritisieren, das Procedere erinnere an eine ‚Papstwahl‘. Noch am Donnerstag sollte gleichsam weißer Rauch über der Uni aufsteigen: Habemus Lenzen. Am Abend allerdings hieß es: ‚Heute wird es keine abschließende Entscheidung mehr geben‘, so eine Uni-Sprecherin.
Aus der Universität ist zu hören, dass Dieter Lenzen, bislang Präses der FU Berlin, der Wunschkandidat der Findungskommission sei – und zwar der einzige, nicht einer von zweien oder dreien, wie sonst üblich. Bestätigen wollte das diese Woche aber niemand, weder Lenzen selbst noch sein Büro, weder die Leitung der Uni Hamburg noch Mitglieder des Akademischen Senats oder der Findungskommission. (…)
… sollte Lenzen dem Hochschulrat am Donnerstag vorgestellt, gewählt und vom Akademischen Senat bestätigt werden – im kleinen Kreis. Der Asta bezeichnete solche ‚Tricksereien‘ am Donnerstag als ‚inakzeptabel‘: ‚Dies zeigt wieder einmal die fatale Kommunikation an der Uni‘, so Aleksandra Szymanski, eine der beiden Asta-Vorsitzenden.
(…)
Da könnte Dieter Lenzen ganz nach dem Geschmack des überwiegend mit Wirtschaftsvertretern besetzten Hochschulrates sein. (…) . Er ist ausgesprochen eloquent und zeigt so viel Führungsstärke, dass seine Gegner ihn als autoritär bis ruppig beschreiben. Ansonsten kritisieren sie seine Nähe zur Union und zur Wirtschaft, etwa seine Beratertätigkeit für die ‚Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft‘, eine umstrittene Organisation, die von Arbeitgeber- und Wirtschaftsverbänden gegründet wurde, deren Einfluss durch emsigen Lobbyismus mehren will und das mitunter auch unter falscher Flagge tut.“
MarHarry schreibt
Für eine Sichtweise siehe BlogEinträge der „anderen Seite“ und ein paar Inneneinsichten ihrer Beobachtungen, Kritikpunkte und Forderungen.
http://hamburgbrennt.blogspot.com/
Geführt von kritischen StudentInnen und Aktiven (u. a. Besetzen des Audimax als Forum von StudentInnen für diesselben).
Noch eine Anekdote zu D. Lenzen aus dem Jahre 2005:
Auszüge aus dem Artikel
„Der Intelligenzquotient der Türken“
Von Ulli Kulke
(http://www.welt.de/wissenschaft/article2107370/Der_Intelligenzquotient_der_Tuerken.html)
„Eine Debatte, die beendet war, bevor sie richtig beginnen konnte – das Tabu bleibt bestehen. Gegenwind bekam Anfang der Woche der Präsident der Freien Universität Berlin, Dieter Lenzen, nach seiner Interview-Äußerung, der Intelligenzquotient türkischer Migranten sei geringer als der der deutschen Bevölkerung. Lenzen führte dies als Ursache für das mäßige Abschneiden der Berliner Schüler beim neuen Pisa-Test an und berief sich dabei auf eine Studie der Universität Hannover.
[…]
Dabei bliebe einiges mehr dazu zu bemerken. Zunächst einmal, daß in der Studie, auf die sich der FU-Präsident beruft, nirgendwo der Begriff „Intelligenzquotient“ (IQ) auftaucht. Lediglich mangelnde „kognitive Fähigkeiten“ bei Kindern mit Migrationshintergrund werden dort genannt, und es wird auch festgestellt, daß „in Familien ohne Migrationsgeschichte die jeweils höchsten Leistungen erzielt werden“ im Leseverständnis, in der Mathematik und in den Naturwissenschaften. Elfriede Billmann-Mahecha, eine der Autorinnen, will dies, wie sie auf Nachfrage erklärt, keineswegs mit einem IQ gleichgestellt wissen, der Begriff ist ihr in dem Zusammenhang sichtlich zu sensibel. So sensibel ist er wohl auch, daß er bei Pisa mit keinem Wort erwähnt wird – für einen Vergleich von Ländern und deren Bevölkerung tabu.
[…]“