Im vierten Teil dieser kleinen Serie wird das Wahlprogramm der FDP auf kriminal- und sicherheitspolitische Aussagen hin untersucht.
Das dieser Analyse zugrunde liegende Wahlprogramm zur Bundestagswahl 2009 „Die Mitte stärken. Deutschlandprogramm der Freien Demokratischen Partei“ kann im PDF Format auf der Internetseite der FDP geladen werden.
Alle nachfolgenden Zitate beziehen sich auf dieses Dokument.
Formalia
Im Gegensatz zu den großen Volksparteien CDU/CSU und SPD bietet die FDP ihr Wahlprogramm auf einer eigens dafür eingerichteten Domain www.deutschlandprogramm.de zum Download an.
Neben der hier analysierten Gesamtfassung finden sich auf dieser Webseite ebenfalls eine Kurzfassung des Programms, neun in unterschiedlichen Sprachen übersetzte Versionen, eine Audio-Version im mp3-Format, eine Videoversion in Gebärdensprache und eine als Comic gestaltete Bilderbuch-Variante (siehe Abbildung unten).
Das 77 Seiten umfassende Wahlprogramm ist einspaltig ohne jegliche farblichen Hervorhebungen gesetzt und kommt gänzlich ohne Abbildungen und Grafiken aus (selbst das Logo der FDP sucht man vergeblich).
Der einspaltige Fließtext erschwert einen schnellen Überblick; lediglich fett-gesetzte Schlagworte helfen bei der inhaltlichen Orientierung.
Das Dokument ist in folgende sieben Kapitel unterteilt:
- Präambel: Die Mitte stärken.
- Mehr Freiheit und Fairness durch Soziale Marktwirtschaft
- Mehr Bürgerfreiheit durch mehr Vertrauen, Zusammenhalt und Toleranz
- Mehr Chancen durch Bildung, Forschung und Innovation
- Mehr Wohlstand und Lebensqualität durch Freiheit und Verantwortung
- Internationale Politik für Frieden, Freiheit und Wohlstand in der Welt
- Politikwechsel für Deutschland: Die Mitte stärken.
Wie bereits bei den vorangegangenen Analysen von Parteiprogrammen wurde auch das Programm der FDP auf das Vorkommen von Schlagworten untersucht, die eine thematische Beschäftigung mit kriminal- und sicherheitspolitischen Themen nahe legen.
Begriff | Häufigkeit des Vorkommens |
Freiheit | 94 |
Sicherheit | 72 |
Gefahr | 13 |
Terror, Terrorismus, o.ä. | 15 |
Bekämpfung | 17 |
Krieg | 10 |
Kriminalität | 4 |
Verbrechen | 5 |
Straftäter | 2 |
kriminell | 1 |
Droge | 0 |
Datenschutz | 26 |
Präambel
In der Präambel des vorliegenden Wahlprogramms werden Weltoffenheit, Toleranz, Solidarität und Menschenwürde zu den handlungs- und politikleitende Grundsätze erklärt.
[Seite 2]Der Mensch steht im Mittelpunkt liberaler Politik. Wir machen uns für die Freiheit des Einzelnen in Verantwortung für eine bessere Zukunft unseres Landes stark. Wir wollen die liberale Bürgergesellschaft, in der der Einzelne nicht losgelöst von seinen Mitbürgern lebt, sondern gemeinsam mit ihnen in einer Wertegemeinschaft. Sie ist geprägt von Weltoffenheit, Toleranz und Solidarität und ist der Menschenwürde verpflichtet.
Aber ebenso wird die Freiheit, Privatheit und Chancengerechtigkeit als ein zentrales Motiv benannt.
[ebd.]Die FDP ist die Partei für alle, die ihr Leben selbst gestalten und dabei nicht vom Staat bevormundet werden wollen. Wir wollen die Maßstäbe politischen Handelns neu definieren:
Freiheit vor Gleichheit, Erwirtschaften vor Verteilen, Privat vor Staat, Eigenverantwortung statt Staatsgläubigkeit, Chancengleichheit statt Gleichmacherei. Wer mehr Freiheit und Chancengerechtigkeit in Deutschland will, braucht eine starke FDP. Wir setzen uns für mehr Freiheit und Verantwortung und weniger staatliche Bevormundung ein.
Die zuvor zitierten Grundsätze finden – im Rahmen der Bürgerrechte und Verfassung – Einschränkung im Kontext der Verteidigung bürgerlicher Freiheiten.
[ebd.]Dazu gehört auch, die Freiheiten zu verteidigen, die wir heute in Deutschland selbstverständlich genießen. Wir sind nicht dazu bereit, Bürgerrechte für eine trügerische Sicherheit aufzugeben. Wir Liberale stehen für eine Politik, die vom Respekt vor den Bürgerrechten und der Verfassung geprägt ist.
Sicherheit und Freiheit
Ausführlicher als in den bisher analysierten Wahlprogrammen von CDU/CSU und SPD widmet sich das Wahlprogramm der FDP dem Spannungsfeld Sicherheit und Freiheit.
Die ca. einseitige Ausführung findet sich Seite 24/25. Zentrales Argument ist der Schutz bürgerlicher Freiheiten vor staatlichen Sicherheitsbedürnissen und -befugnisse.
[Seite 24]Freiheit braucht Privatheit. Privatheit und Schutz der Intimsphäre gehören zu den Grundfesten eines menschlichen Miteinanders. Eine menschliche Gesellschaft braucht auch Türen, die für den Staat verschlossen bleiben.
Sehr deutlich werden Gesetzesinitiativen kritisiert, die im Namen der Sicherheit bürgerliche Freiheiten beschränken. Namentlich findet in diesem Kontext die regulativen Bemühungen des Bundesverfassungsgerichts Erwähnung.
[Seite 25 f.]Ohne Sicherheit ist Freiheit wenig Wert. Dennoch darf Sicherheit nicht zu Lasten von Freiheit entstehen. Eine Gesellschaft ist nicht freier, je intensiver ihre Bürger überwacht, kontrolliert
und beobachtet werden. Freiheit und Sicherheit müssen sorgsam ausbalanciert werden. Das gelingt nur durch eine intelligente Innenpolitik, die auf Verhältnismäßigkeit achtet.In den letzten elf Jahren haben die Regierungen gegen den Widerstand der FDP immer mehr Freiheitsbeschränkungen durchgesetzt. Mehr als 100 neue Gesetze allein im Bereich der Innen- und Rechtspolitik mit immer neuen Eingriffsbefugnissen wurden verabschiedet. Seit 1998 hat ein dramatischer Abbau von Bürgerrechten stattgefunden. Das Bundesverfassungsgericht musste als Reparaturbetrieb eines grundrechtsblinden Gesetzgebers zahlreiche Gesetze stoppen oder gar aufheben.
Rechtspolitik
Die zentralen kriminalpolitischen Forderungen finden sich im FDP-Wahlprogramm unter der Überschrift Den Rechtsstaat stärken auf den Seiten 30 ff.
Zur grundlegenden Ausrichtung der Politik heißt es:
[Seite 30]Die Freiheit und die Würde der Bürger in einem liberalen Rechtsstaat zu schützen und zu bewahren, das ist für die FDP die oberste Leitlinie der Rechtspolitik. Wir brauchen eine Neuausrichtung der Rechtspolitik. Die Rechtspolitik darf sich nicht darauf beschränken, europäische Vorgaben umzusetzen oder innenpolitische Initiativen rechtsstaatlich zu schärfen.
Rechtspolitik muss gestalten und dem Wandel in der Gesellschaft ein Gesicht geben. Von der Rechtspolitik müssen entscheidende Impulse ausgehen für eine moderne und aufgeklärte Bürgergesellschaft.
Ausgehend von diesem Grundsatz soll ein wirklichkeitsnahes Recht gesprochen werden, dass dem Bürger verfassungsrechtlich garantierte Rechtspositionen garantiert. Hieraus leiten sich folgende konkrete Forderungen ab:
- Selbstbestimmungsrecht der Patienten stärken
- Schaffung einer gesetzlichen Regelung über die Bindungswirkung von Patientenverfügungen
- Modernisierung der Justiz durch verbesserte personelle, technische und materielle Ausstattung
- Auslagerung von nicht zwingend vom Staat zu übernehmenden Aufgaben (z.B. Gerichtsvollzieherwesen)
- Schaffung eines vernünftigen Gesetzgebungsverfahren, das eine Rechtssystematik erkennbar werden lässt, das alle parlamentarischen Gestaltungsmöglichkeiten, das zeiteffizient arbeitet
- keine Verharmlosung und Entkriminalisierung von Straftaten/ keine Entkriminalisierung von Bagatelldelikten (jede kriminelle Handlung muss Folgen für den Täter haben)
- eindeutige Zuweisung für die Verfolgung von Straftaten von und gegen Soldaten der Bundeswehr bei Auslandseinsätzen
- keine unangemessene Überwachung der Bürger (Eingriff muss geeignet, erforderlich und angemessen sein), d.h. keine anlasslose Gefahrenabwehr
- Ablehnung der anlass- und verdachtsunabhängigen Vorratsdatenspeicherung
- Ablehnung der automatische Kfz-Kennzeichenerfassung auf deutschen Straßen ohne konkreten Anlass Ablehnung der Speicherung und Nutzung von Mautdaten zur Strafverfolgung
- Ablehnung eines „Spähangriffes“ und für für eine konsequente Abschaffung des „Großen Lauschangriffs“
- Schließen gesetzlicher Lücken zum Schutze der Pressefreiheit (betrifft Vorwurf der Verletzung eines Dienstgeheimnisses, der den Informatenschutz gefährdet)
- einheitliche gesetzliche Regelungen für alle Berufsgeheimnisträger sollen einheitlichen Schutz vor staatlichen Überwachungsmaßnahmen gewährleiten
- Änderung der Strafprozessordnung hinsichtlich des Vertrauensschutzes zwischen zeugnisverweigerungsberechtigten Berufsangehörigen und denen, die ihre Hilfe in Anspruch nehmen
- konsequente Anwendung des Jugendstrafrechts:
- Gewährleistung einer zur Tat möglichst zeitnahen Bestrafung durch eine bessere Vernetzung von Polizei, Justiz, kommunaler Jugendhilfe, Jugendgerichtshilfe und Schule vor Ort
- Einführung des Warnschussarrestes als Alternative zu zur Bewährung ausgesetzten Jugendstrafen oder einer Aussetzung der Verhängung der Jugendstrafe
- Ausbau der Prävention im Sinne der Ursachenbekämpfung von Kriminalität durch eine bessere Vernetzung
- aller Beteiligten auf Seiten der Polizei, Justiz, Jugendhilfe und Schule unter Einbeziehung der Eltern
gesellschaftlichen Verrohungstendenzen (insbesondere bei Jugendlichen) entgegenwirken mit besonderem Augenmerk auf der Bekämpfung der Ursachen von ausufernder Gewalt
- schonender Umgang mit Gewaltopfern im Strafverfahren
- stärkere staatliche Honorierung von Bürgern, die Zivilcourage bewiesen, indem sie sich Straftätern entgegenstellen
- Erhöhung der Haftentschädigung für Menschen, die zu Unrecht einen Freiheitsentzug erlitten haben
- Speicherung von DNA-Mustern nur auf Grundlage richterlicher Anordnung bei Straftaten, die jeweils von erheblicher Bedeutung sind
- gesetzliche Harmonisierung der Anordnungsvoraussetzungen für Sicherungsverwahrung
- Ablehnung der Ausweitung der nachträglichen Sicherungsverwahrung auf Täter, die nach Jugendstrafrecht verurteilt wurden (erweiterten Möglichkeiten der Führungsaufsicht als geeignete Alternative zur Sicherungsverwahrung bei jugendlichen Straftätern)
Datenschutz
Sehr ausführlich wird auf das Thema Datenschutz eingegangen. Zur Begründung heißt es hier:
[Seite 26]Privatheit ist der Kern persönlicher Freiheit. Die FDP setzt sich für ein modernes, leicht verständliches, übersichtliches und effektives Datenschutzrecht ein.
Aus diesem Grundsatz werden folgenden Forderungen abgeleitet (Seiten 26-27):
- Jeder Einzelne habe seinen persönlichen Beitrag zum Datenschutz beizutragen, indem er verantwortlich mit seinen personenbezogenen Daten umgeht.
- Verankerung des Datenschutzes im Grundgesetz:
- Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung
- Grundrecht auf Gewährleistung der Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer Systeme
- Einrichtung einer „Stiftung Datenschutz“, die Verbraucherinformationen zu Produkten und Dienstleistungen erstellt, vergleicht und den Bürgern zur Verfügung stellt
- Konkretisierung des Bundesdatenschutzgesetzes
- Zersplitterung der datenschutzrechtlichen Aufsichtslandschaft beenden:
- Bundesbeauftragten für den Datenschutz und Informationsfreiheit erhält Status einer obersten Bundesbehörde
- staatliche Datenschutzkontrollstellen erhalten Möglichkeit der Löschung widerrechtlich verarbeiteter, weitergegebener Daten
- Sanktionen gegen den Verstoß von datenschutzrechtlichen Bestimmungen ausschöpfen und ggf. ausweiten
- Einführung von Datenschutzgütesigeln oder Datenschutzaudits
- Stellung der betrieblichen Datenschutzbeauftragten institutionell stärken
- Verbesserung des Arbeitnehmerdatenschutzes
- es dürfen nur Daten verarbeitet werden, die für das Arbeitsverhältnis unmittelbar relevant sind
- Erstellung und Vorlage eines Gentests darf nicht verlangt werden
- Abschaffung der Vorratsdatenspeicherung
- Verzicht auf heimliche Online-Durchsuchungen privater Computer
- Evaluierung der seit 1998 beschlossenen Überwachungsgesetze
unter den Gesichtspunkten der Wirksamkeit, der Verfassungsmäßigkeit keine Erhebung und Speicherung von Fluggastdaten - transparente und effiziente Gestaltung der Sicherheitsarchitektur
- Kontrolle des zwischenbehördlichen Datenaustausches:
Informationsaustausch der Sicherheitsbehörden soll über Indexdateien
statt über Volltextdateien und unter parlamentarischer Aufsicht abgewickelt werden - kein Ausbau des Bundeskriminalamtes (BKA) zu einem deutschen FBI im Zuge einer Kompetenzausweitung im Bereich der Gefahrenabwehr
Netzpolitik
- Datenschutzrechtliche und kriminalpolitische Forderungen kommen ebenfalls im Kontext der möglichen Regulierung und Überwachung von Aktivitäten im Internet zur Sprache (Seite 40).
- Modernisierung des Telemedienrechts und Definition klarer Zuständigkeiten und Haftungsfreistellungen auf den verschiedenen Ebenen der Anbieter und der Nutzer
- Schutz vor zu starker staatlicher Regulierung und übermäßiger Überwachung
- Schutz von Kindern und Jugendlichen vor für sie ungeeignete Medieninhalte durch eine entsprechende Anpassung eines Jugendmedienschutzrechts
- Ablehnung der Netzsperren als ein aktionistisches Verbot
- strikte Ablehnung der Online-Durchsuchungen
Terrorismusbekämpfung
Im Zusammenhang mit der Terrorismusbekämpfung wird erneut das Spannungsverhältnis der Themen Sicherheit zum Einen und die Aufrechterhaltung bürgerlicher Freiheiten zum Anderen angesprochen. In diesem Zusammenhang distanziert sich die FDP ausdrücklich von einem Feindstrafrecht. Hierzu heißt es:
[Seite 27 f.]Terrorismus ist mit allen Mitteln des Rechtsstaates zu bekämpfen. Die Gefahrenabwehr hat aber immer im Einklang mit den Grundrechten der Bürger zu stehen. Die Menschenwürde verletzende Verhörmethoden, die Anwendung von Folter, die gezielte Ermordung von potentiellen Terroristen oder auch der Abschuss unschuldiger Menschen in einem entführten Flugzeug sind mit unserer Verfassung nicht zu vereinbaren. Ein Sonderrecht für Terrorismusbekämpfung darf es nicht geben. Insbesondere lehnt die FDP die Einführung eines „Feindstrafrechts“, bei dem Kategorien des Kriegsrechts im Innern Anwendung finden und rechtsstaatliche Garantien des Strafrechts nicht mehr gelten, strikt und in aller Entschiedenheit ab.
Als konkrete politische Reaktionen auf die Gefahren durch terroristische Anschläge werden u.a. folgende Aspekte benannt (Seite 28):
- Stärkung der Länderkompetenzen u.a. Kontrolle der Fluggäste sowie des Gepäcks und die Überwachung der Flugplatzgelände durch die Länder
- Schaffung einer zivilen nationalen Küstenwache
- Schaffung von Landesämtern für Verfassungsschutz
- Garantie einer effektiven parlamentarischen Kontrolle aller Nachrichtendienste
- Dualismus von Zivil- und Katastrophenschutz überwinden und Zuständigkeiten klar regeln
- Beibehaltung der klaren Trennung von innerer und äußerer Sicherheit: strikte Ablehnung eines Einsatzes der Bundeswehr im Innern
An anderer Stelle (Seite 76/77) findet sich unter der Überschrift „Menschenrechte schützen – Rechtsstaatlichkeit fördern“ folgende Ausführungen zum Thema Terrorismusbekämpfung:
Die Glaubwürdigkeit Deutschlands steht in direktem Zusammenhang mit dem konsequenten Eintreten für die Menschenrechte in der Außenpolitik. Ihre Einhaltung ist das Fundament für die demokratische, wirtschaftliche und kulturelle Entwicklung jedes Landes. Körperliche und geistige Unversehrtheit, Gedanken- und Meinungsfreiheit und die Freiheit von Diskriminierung sind unveräußerbare Prinzipien unserer Menschenrechtspolitik.
Die FDP sieht mit großer Sorge, wie menschenrechtliche Mindeststandards, unter anderem im so genannten Kampf gegen der Terror, immer weiter verletzt wurden. Folter, unmenschliche und grausame Behandlung, Verschleppung und das Betreiben von extraterritorialen Gefängnissen dürfen nicht Teil staatlichen Handelns sein und vom Staat auch nicht geduldet werden. Fehlentwicklungen auf diesem Gebiet müssen korrigiert werden. Die FDP tritt für die weltweite Abschaffung der Todesstrafe genauso ein wie gegen menschenverachtende Verhörmethoden.
politischer Extremismus
[Seite 29] Aus diesem Grundsatz werden eine Reihe von Forderungen zum Vorgehen gegen politischen Extremismus abgeleitet (Seite 29-30):Die FDP bekämpft politischen Extremismus jeder Art. Das Engagement für Freiheit und Demokratie wird dann gestärkt, wenn demokratische Parteien ein gutes Vorbild geben. Politische Kontroversen dürfen nicht populistisch verpackt werden, genauso wenig wie Ressentiments gegen Minderheiten aus der Mitte der Gesellschaft befördert werden dürfen.
- Stärkung von Programmen zur Bekämpfung von Gewaltbereitschaft, Fremdenfeindlichkeit und Extremismus (insbesondere bei Jugendlichen)
- Drei-Säulen Initiative:
- Eine Intensivierung der Programme für den Ausstieg gewaltbereiter und gefährdeter Jugendlicher;
- Angebote für jugendliche Aussteiger aus der rechten Szene hinsichtlich schulischer und beruflicher Qualifizierung;
- Gewaltpräventionsprogramme an Schulen und in der Jugendarbeit.
- stärkeres Vorgehen gegen Ursachen und Handlungsweisen der Linksextremen
- konsequente Bekämpfung des Antisemitismus
- strikte Ablehnung des Islamismus in seiner Ausrichtung als – nicht mit dem Grundgesetz zu vereinbarenden – religiös fundamentalen Glaubensrichtung
Afghanistaneinsatz der Bundeswehr
Ziel ist die
[Seite 68]Stabilisierung Afghanistans unter Berücksichtigung der Stammesstrukturen – hin zu mehr
zivilem Wiederaufbau in ganz Afghanistan und zu einer verstärkten Übernahme der Verantwortung
für die Sicherheit durch die afghanischen Armee- und Polizeikräfte, um den Zeitraum
des Einsatzes der internationalen Truppen zu begrenzen.
[Seite 68 f.]Die Politik muss ausgerichtet sein auf einen konsequenten Aufbau afghanischer Verwaltungsstrukturen. Insbesondere bei der Bekämpfung des Anbaus, der Weiterverarbeitung und des Handels mit Drogen muss für die Menschen auf dem Land eine wirtschaftliche Alternative zum Anbau von Mohn geboten werden. Der Ansatz der vernetzten Sicherheit muss weiter verfolgt werden und macht für eine Übergangszeit die internationale Truppenpräsenz weiterhin erforderlich. [Seite 67/68]
An anderer Stelle (Seite 73) heißt es zu den Auslandsmandaten der deutschen Bundeswehr:
Für die FDP gilt, dass Deutschland nicht nur aufgrund der Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts, sondern aus eigener tiefster Überzeugung militärisch nur dann handeln sollte, wenn es gemeinsam mit den Partnern in der NATO oder der Europäischen Union sowie aufgrund einer klaren völkerrechtlichen Legitimation möglich ist. Unverzichtbar ist stets eine Zustimmung des Deutschen Bundestages (Parlamentsvorbehalt). Einsätze ohne klare völkerrechtliche Grundlage lehnt die FDP ab, ebenso wie einen bündnispolitischen Automatismus bezüglich
der Teilnahme der Bundeswehr an Einsätzen im Ausland. Wie unbedingt notwendig es bleibt, Lösungen auf politischem Wege zu finden, weil Militär allein keinen stabilen Frieden schaffen kann, zeigen die gegenwärtigen Militäreinsätze in Afghanistan sowie im Nahen und Mittleren Osten.
Im Kontext der Terrorismusbekämpfung wird erneut auf den Einsatz der Bundeswehr Bezug genommen:
[ebd.]Effizient kann der internationale Terrorismus nur dann eingedämmt werden, wenn ihm seine Grundlagen, das heißt vor allen Dingen seine Unterstützung in enttäuschten Teilen der Gesellschaften, entzogen werden. Dafür bedarf es eines langfristigen Ansatzes, der sowohl außenpolitische, als auch entwicklungspolitische, und in Einzelfällen auch polizeiliche und militärische Maßnahmen einschließt. Dies verlangt ein eng abgestimmtes und vor allem multilaterales Zusammenwirken. Militärische Sanktionen sind auch beim Kampf gegen den Terrorismus nur allerletztes Mittel.
Als Exportnation bestünde zudem ein gesteigertes Interesse an sicheren Seewegen, weshalb sich Deutschland aktiv an einer Bekämpfung der Piraterie zu beteiligen hätte (ebd.).
Menschenrechte
Gesondert Erwähnung finden Ziele der FDP in Bezug auf die nationale und internationale Würdigung Einhaltung von Menschenrechten. Hier (S. 76) sind u.a. folgende Aspekte zu lesen:
- vor allem Kinder und Frauen würden besonders häufig Opfer gravierender Verletzungen ihrer Rechte und Freiheiten
- menschenrechtsverletzende Handlungen und Praktiken wie Menschenhandel, Kinderarbeit, der Einsatz von Kindersoldaten, Zwangsprostitution, Zwangsheirat, Organhandel und Praktiken wie Genitalverstümmelung müssten geächtet und international verboten werden
- Einsetzen für Gleichberechtigung und Toleranz und eine innen- wie außenpolitische Ausrichtung an menschenrechtlichen Leitlinien (z.B. Einhaltung menschenrechtliche Standards in Unternehmenspolitik fordern und fördern)
Drogenpolitik
[Seite 20] Aus dem Grundsatz werden u.a. folgende zentrale Forderungen abgeleitet:Das liberale Menschenbild, das auf freier Selbstbestimmung beruht, verlangt Freiheit von Sucht und Abhängigkeit. Um dies zu erreichen, setzt liberale Drogen- und Suchtpolitik auf die drei Säulen Prävention, Therapie und, wo notwendig, Repression. Der Suchtmittelkonsum in Deutschland führt zu einer großen Zahl vorzeitiger Sterbefälle, zu erheblichen Krankheitshäufungen, großem persönlichen Leid, sozialen Schäden und hohen Kosten für die Gesellschaft.
Die legalen Suchtmittel Alkohol und Tabak stellen nach wie vor eine große Herausforderung dar, ebenso wie Medikamentenmissbrauch. Bei den illegalen Drogen ist Cannabis am stärksten verbreitet. Der regelmäßige Konsum von Cannabis lag bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen im letzten Jahr bei 2,3 Prozent. Die nichtstoffgebundenen Süchte spielen ebenfalls eine nicht unwesentliche Rolle. Auch von einer zunehmenden Zahl von Online-Spielsüchtigen muss ausgegangen werden. Die FDP setzt sich für eine Sucht- und Drogenpolitik ein, die Menschen ein selbstbestimmtes, unabhängiges Leben ermöglicht.
- Einhaltung bestehender Jugendschutzbestimmungen
- Einrichtung flächendeckender (vor allem auf Kinder und Jugendliche abzielende) Präventionsprogramme mit Fokus auf hochriskanten Alkoholkonsum
- keine Ausweitung einer Verbotspolitik
- Festhalten an der methadongestützten Substitutionstherapie von Opiatabhängigen
- Übernahme der diamorphingestützten Substitutionsbehandlung in die Regelversorgung
- Zulassung von Cannabis in der medizinischen Schmerztherapie