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Kundenfreundliche Transparenz oder massiver Eingriff in die Privatsphäre?

Am 2. Juli 2009 gepostet von Oliver

Die Klage einer Gymnasiallehrerin gegen ihre Bewertung auf  www.spickmich.de könnte weitreichende Folgen für Betreiber von Internetportalen, Blogs (also auch criminologia.de!) und Internetseiten haben (Der Spiegel Nr.26 vom 22.06.09).

Bewertungsportale gibt es inzwischen für fast jede Dienstleistung. Professoren können auf  „meinprof.de“ (hier übrigens Sebastians Bewertung für den geneigten und registrierte Nutzer dieser Seite! 🙂 ), Ärzte auf  „docinsider.de“ und der Anwalt  z.B. auf „qype.de“ öffentlich bewertet werden. Natürlich fallen dererlei Bewertungen nicht immer positiv aus und können somit dem Bewerteten auch Schaden zufügen. Die Frage ist nun: „Wie schwer wiegt der Persönlichkeitsschutz des Betroffenen gegenüber der Meinungsfreiheit der Web-Community?“

Der Bundesgerichtshof hat am 23.06. nun ein Urteil in dieser Angelegenheit gefällt. Bewertungen auf Internetportalen sind demnach grundsätzlich zulässig! Es galt, das Recht auf informationelle Selbstbestimmung des Bewerteten und das Recht auf freien Meinungsaustausch der Internetgemeinde gegeneinander aufzuwiegen. Der BGH entschied in diesem Fall, dass „dem Recht auf freien Meinungsaustausch regelmäßig dann der Vorzug zu geben ist, wenn die Bewertung die berufliche Tätigkeit des Bewerteten betreffen und die Daten frei zugänglich sind.“

In Ausnahmefällen kann es aber nach wie vor zu gerechtfertigten Klagen kommen, nämlich dann, wenn es sich bei der Veröffentlichung um unwahre Tatsachenbehauptungen oder eine unzulässige Schmähkritik handelt.

Für mich stellt sich hier die Frage nach der Definition von z.B. „Schmähkritik“… Die bei jedem Menschen unterschiedliche Schmerzgrenze, bzw. der Punkt, ab wann sich jemand beleidigt fühlt, könnte ebenfalls schon Anlass für eine wahre Prozessflut werden. Unwahren Tatsachen sind verboten und lassen sich im Zweifel durch Beweise ja auch eindeutig widerlegen…aber,… war das nicht vor dem Urteil auch schon die gängige Praxis?

Hätte der BGH zugunsten der Klägerin entschieden und hätten dann zukünftig die geltenden strengen Datenschutznormen angewendet werden müssen, dann kämen auf alle Anbieter enorme Pflichten zu. Jeder Surfer müsste eindeutig identifiziert werden und bei jeder Abfrage müsste geprüft werden, ob das Interesse des Nutzers auch berechtigt ist.

Auf der einen Seite bin ich froh über dieses Urteil, da es unser Recht auf freie Meinungsäusserung bestätigt, auf der anderen Seite wäre ein wenig mehr „Kontrolle“ hier für mich durchaus angebracht! Jeder kann auf diesen Portalen Bewertungen abgeben…sogar mehrfach! Wer stellt denn sicher, dass der „Schüler“ der mich bewertet hat überhaupt ein Schüler ist (und nicht vielleicht ein rachsüchtiges Elternteil!)? Die Aussage, dass die entsprechenden Seiten nur für „registrierte“ User zugänglich sind, empfinde ich eher als einen Witz, denn eine Beruhigung!

Meiner Meinung nach ist es eine Frage der Fairness, im Net etwas mehr Einfluss (z.B. in Form einer freiwilligen Selbstkontrolle) auf den Umgang miteinander auszuüben. Die Anonymität, die das Internet bietet, darf nicht dazu missbraucht werden, anderen Menschen zu schaden. Es wäre in meinen Augen eine Schande, wenn wir hier bald „koreanische Verhältnisse“ hätten!

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Kategorie: Kriminologie allg., Menschenrechte, Publikationen, Recht und Gesetz Stichworte: Datenschutz, Internet, Meinungsfreiheit, Persönlichkeitsrechte

Leser-Interaktionen

Kommentare

  1. KennstDuEinen schreibt

    10. Juli 2009 um 11:18

    Sehr interessanter und umfangreicher Eintrag. Jedoch wird m.E. die negative Seite von Bewertungsportalen zu stark betont. Sicherlich kann man die Gefahr des Missbrauchs bei solchen Portalen (wie oben beschrieben) nicht völlig ignorieren, jedoch sollte man dabei die Vorteile solcher Protale nicht außer Acht lassen. Schließlich profitieren auch die Bewerteten von guten Empfehlungen- denn die persönliche Empfehlung ist nach wie vor die beste Art der Werbung. Und diejenigen, die bewerten, helfen anderen, sich an den Empfehlungen, egal ob positiv oder negativ, zu orientieren.
    Da wir selbst ein Bewertungsportal für Dienstleister betreiben, (www.kennstdueinen.de), kenne wir uns mit der Materie bestens aus und können, bezogen auf die Erfahrungen der letzten Jahre, sagen, dass der Missbrauch ganz klar die Ausnahme bildet. Vielmehr ist eine gute Orientierung für unsere Mitglieder und Kundenakquise für die Dienstleiste die Regel. Daher von unserer Seite ein ganz klares PRO für Bewertungsportale.

Trackbacks

  1. Bewertungsportal, seine Vor- und Nachteiel « thueringerbranchen sagt:
    7. Dezember 2009 um 20:03 Uhr

    […] jedoch ein massiver Eingriff in die Privatsphäre entsteht. Diese Ambivalenz wird von Oliver im Criminologia Blog sehr gut dargestellt. So wird auf das aktuellste Gerichtsurteil des BGH zum Thema Bewertungsportale […]

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