Welt Online hat ein Video online gestellt, dass zeigt, wie in dem brasilianischen Urwaldstamm Suruwaha Kinder bei lebendigem Leib begraben werden. Gedreht wurde das Video von der Organisation Hakani, die sich gegen solche Praktiken engagiert. Dieses Video hat eine Debatte darüber angeregt, indianische Rituale zu verbieten.
Rituelle Kindstötungen sind in Eingeborenenstämmen Brasiliens keine Seltenheit.
Betroffen sind etwa Kinder mit Behinderungen oder Albinos. Manche Stämme glauben auch, dass in Zwillingen Gut und Böse verteten sind. Sie töten daher das Kind, welches sie für das personifizierte Böse halten. Neben Begräbnissen bei lebendigem Leibe kommt es auch vor, dass Kinder im Urwald ausgesetzt und sich selbst überlassen werden. (Quelle: Welt Online)
Nach der Meinung von Ferreira Feitosa von der Universität Brasilien, werden solche Rituale aber nach und nach aussterben, da von den 250 Indianerstämmen Brasiliens nur noch 13 Stämme Kindstötungen durchführen.
Für uns sind solche Rituale kaum vorstellbar und die Bilder irritierend, doch die Indianerschutz-Stiftung Funai kritisiert die Gesetzesinitiativen zum Verbot der rituellen Kindstötungen, da dies die indigene Bevölkerung für ihren Glauben, ihre Weltsicht und ihre Lebensweise bestrafen würde. Das Video sei
eine Einmischung in das soziale Zusammenleben von Menschen, die sich dafür entschieden haben, sich von der Kultur des Westens zu distanzieren und ihre eigenen Traditionen zu bewahren. (Quelle: Welt Online)
Auch die Gruppe Survival International, die sich für die Eingeborenenrechte einsetzt, kritisiert das Vorgehen der Hakani und wirft der Organisation vor, rassistischen Hass gegen Ureinwohner zu schüren und somit die Regierung zu einem Verbot der rituellen Kindstötungen zu bewegen.
Es stellt sich also die Frage, in wie weit man in die Traditionen und Lebensweisen anderer Kulturen eingreifen darf, auch wenn die Rituale einem persönlich noch so unvorstellbar und grausam erscheinen.
Gerne würde ich mehr über die Suruwaha und ihr Verhältnis zur nicht-indianischen brasilianischen Gesellschaft wissen. Wenn sie sich, wie der Artikel nahelegt, wirklich bewusst gegen jeden Kontakt mit der Umgebung entschieden haben, dann würde eine sanfte Beeinflussung durch Überredung oder Überzeugung wohl kaum Chancen haben, eine starke oder gar gewaltförmige Intervention aber unter Umständen mehr Menschenleben gefährden als retten. Wenn diese hypothetische Einschätzung der Verhältnisse einigermaßen korrekt sein sollte, dann wäre es m.E. besser, die Ritualmorde als Teil einer Kultur, die „wir“ weder beeinflussen können noch zerstören wollen, zu tolerieren. Die erfreuliche Bereitschaft, auch in der Ferne für Humanität und Menschenrechte eintreten zu wollen, müßte deshalb nicht frustriert werden: die meisten Indianer Südamerikas werden nicht durch „unsere“ Unterlassungen, sondern durch „unsere“ Taten – z.B. illegale Goldgräber, die ganze Stämme auf dem Gewissen haben – ums Leben gebracht. Man könnte also erst einmal dafür kämpfen, die aktiven Schädigungen der Indianer durch die westliche Zivilisation zu beenden.
Es geht leider nicht nur um eine „schützenswerte Kultur“, sondern gerade auch um das Leben kleiner Kinder, die sich ganz bestimmt nicht selbst dafür entschieden haben, zum Teil des verbreiteten kulturellen Rituals zu werden. Hier sind m.E. die Grenzen der möglichen und angemessenen Toleranz erreicht.