Am vergangenen Dienstag hat das U.S. Abgeordnetenhaus dem FAST Redress Act of 2009 (FAST steht für „fair, accurate, secure and timely“), einer Ergänzung des Homeland Security Act of 2002, mit 413 zu 3 Stimmen zugestimmt. Dieses neue Gesetz sieht die Einrichtung einer „Comprehensive Cleared List“ (oder auch umgangssprachlich: „whitelist“ / „weiße Liste“ genannt) vor, die als Gegenstück zu der der sog. „Terrorist Watch List“ („Blacklist“) fungieren soll.
Zwar bedarf es noch einer Zustimmung des Senats bevor das Gesetz rechtskräftig wird, aber das ist so gut wie nur noch eine Formsache und eine Frage der Zeit.
Die „Comprehensive Cleared List“ soll Namen von Personen auflisten, die fast schon routinemäßig auf Flughäfen gestoppt und befragt werden, weil ihre Namen fälschlicherweise auf der „Terrorist Watch List“ der U.S. Regierung auftauchen und sie somit als Personen identifiziert werden, von denen potentiell eine „terroristische Bedrohung“ ausgeht.
Damit ihr Name von der „Terrorist Watch List“ gelöscht und auf die „Comprehensive Cleared List“ gesetzt wird, müßten zu Unrecht Verdächtigte allerdings erst eine tendenziell langwierige und teure Anfechtungsklage („appeal“) vor dem eigens einzurichtenden „Office of Appeals and Redress“ des Department of Homeland Security erheben. Zudem obläge ihnen dabei selber die Beweislast ihrer Unschuld:
Innocent victims of the list must prove to the Department of Homeland Security, through an undetermined appeals process, that they are not terrorists.
Nur wenn der betroffenen Person dies gelänge, würde ihr Name auf die andere, „weiße“ Liste verschoben. Soviel zum Thema „innocent until proven guilty“.
Seit 2003 führt die U.S. Regierung eine „Terrorist Watch List“, auf der dem Watch List Counter der American Civil Liberties Union (ACLU) zufolge bereits mehr als eine Millionen Namen zu finden sind; und jeden Monat kommen laut der ACLU etwa 20.000 weitere Namen hinzu. Aufrechterhalten und gepflegt wird die „Terrorist Watch List“ vom Terrorist Screening Center, welches die relevanten Daten für die Liste von Regierungsinstitutionen wie dem Department of State, der CIA oder dem FBI erhält. Zwar unterstreicht das Center auf seiner Webseite die Effektivität dieser Liste im Kampf gegen den Terror:
By supporting the ability of front line screening agencies to positively identify known or suspected terrorists trying to obtain visas, enter the country, board aircraft, or engage in other activity, the consolidated Terrorist Watchlist is one of the most effective counterterrorism tools for the U.S. government.
und auch ein Bericht des Government Accountability Offices (GOA) von 2007 zeigt sich überzeugt von der Effektivität der Liste
The watch list has enhanced the U.S. government’s counterterrorism efforts. […] Use of the watch list has helped federal, state, and local screening and law enforcement officials obtain information to make better-informed decisions when they encounter an individual on the list as to the threat posed and the appropriate response or action to take, if any. […] The number of positive matches to the watch list has increased each year…
Dennoch ist diese „Terrorist Watch List“ in den vergangenen Jahren immer wieder in die Kritik geraten.
Zum Einen seien die Namen auf der Liste nur nachlässig recherchiert was dazu geführt habe, dass viel zu viele Namen vollkommen unschuldiger Personen auf ihr stünden, deren Namen lediglich denen tatsächlich verdächtiger Personen ähnelten.
The list has been dogged for years by sloppy name matches that have ensnared innocent travelers, children, prominent politicians and government officials, the U.S. Conference of Catholic Bishops‘ secretary of education and all men named David Nelson,
berichtet z.B. Wired-Blogger David Kravets und die ACLU schreibt auf ihrer Webseite:
the list now has over one million names on it. Terrorist watch lists must be tightly focused on true terrorists who pose a genuine threat. Bloated lists are bad because
- they ensnare many innocent travelers as suspected terrorists, and
- because they waste screeners‘ time and divert their energies from looking for true terrorists.
Small, focused watch lists are better for civil liberties and for security.
Zum Anderen – und zurecht – fragt sich da mancher, ob die Liste angesichts der vielen – und v.a. der vielen unschuldigen – Namen überhaupt noch effektiv sein kann (von der Frage nach der bloßen Existenz einer solchen „Blacklist“ mal abgesehen – man denke nur mal an die McCarthy-Ära). Selbst das Argument des Direktors des Terrorist Screening Center, Leonard Boyle, viele Terroristen hätten Aliasse und daher verbärgen sich hinter den knapp eine Millionen Namen auf der Liste nur etwa 400,000 tatsächliche Personen, kann nicht darüber hinweg täuschen, dass die Liste (in den Worten des Department of Justice Inspectors General Glenn Fine):
continues to have significant weaknesses.
Ob diese neue Liste – die „Comprehensive Cleared List“ – dem Anspruch gerecht werden wird, die „Mängel“ der alten Liste auszubessern, bleibt abzuwarten. Fragt sich nur, warum nicht die Möglichkeit besteht, ganz auf die Verwendung jedweder Listen zu verzichten. Oder wenigstens die zu Unrecht verdächtigten Personen einfach von der „Terrorist Watch List“ zu löschen, ohne sie bloß gleich wieder auf eine weitere Liste zu setzen; oder gar die Bedrohungs-Diskurse, in der Form, in der sie leider zu oft zu beobachten sind, zu beenden, damit aufgehört wird, wegen lediglich unerwünschten, aber keineswegs (terroristisch-)bedrohlichen Verhaltens Personen anzuzeigen (so erst neulich wieder auf einem Flug von Denver geschehen), so dass diese gar nicht erst auf irgendwelche Listen gesetzt werden.
Weitere Informationen:
- Audit of the U.S. Department of Justice Terrorist Watchlist Nomination Processes, Department of Justice, Office of the Inspector General, March 2008 (.pdf)
- Follow-Up Audit of the Terrorist Screening Center, Department of Justice, Office of the Inspector General, September 2007 (.pdf)
- „Justice Department report tells of flaws in terrorist watch list“, CNN, 6 September 2007
- „Report Finds Flaws in Terrorist Watch List“, The New York Times, 18 March 2008
- „Terrorism Watch List Is Faulted For Errors“, The Washington Post, 7 September 2007