Howard Zehr ist ein Pionier auf dem Gebiet der Restorative Justice. Der Professor für Soziologie und Restorative Justice an der Eastern Mennonite University (Harrisonburg, VA) ist einer der Mitbegründer des ersten Victim Offender Reconciliation Programmes in den USA – dem Elkhart County PACT (heute: Center for Community Justice). Bekannt geworden ist er u.a. durch sein bewegendes Werk „Changing Lenses: A New Focus for Crime and Justice“ (1990). Seither hat er weitere grundlegende Werke zum Thema Restorative Justice veröffentlicht. Während des Gerichtsverfahrens gegen den Oklahoma City Bomber Timothy McVeigh wurde Zehr durch das Bundesgericht dazu berufen, der Verteidigung bei der Zusammenarbeit mit den Opfern zu assistieren. Seit Mai 2008 ist er Teil der Victims Advisory Group der U.S. Sentencing Commission. Zudem arbeitet Zehr freiberuflich als Photojournalist und Photograph (www.howardzehr.com).
Bei einer Internetrecherche bin ich neulich über diese Aufzeichnungen eines Gespräches zwischen Prof. Howard Zehr und San Antonio Peace Center Leiterin Ann Helmke über Restorative Justice gestossen:
[youtube]http://www.youtube.com/watch?v=SpIuc1ldNiU[/youtube]Der Begriff „Restorative Justice“ zieht sich im Englisch-sprachigen Raum wie ein roter Faden durch alle Diskussionen um eine Reform des Strafrechts und den Umgang mit Kriminalität. Aber was ist eigentlich „Restorative Justice“?
Restorative Justice ist eine Form der alternativen Konfliktregelung. Im eigentlichen Sinn bedeutet „to restore“ ja „wiederherstellen“. Es geht also um so etwas wie eine wiedergutmachende bzw. wiederherstellende Gerechtigkeit. Im Gegensatz zu tatorientierten (retributiven) Ansätzen, die auf Vergeltung gerichtet sind und täterorientierten (rehabilitativen) Ansätzen, die auf Rehabilitation des Täters zielen, orientiert sich Restorative Justice am Opfer und stellt die durch die Tat entstandene Verletzung bzw. den Schaden in den Mittelpunkt. Anstatt zu fragen, welche Gesetze gebrochen wurden, wer sie gebrochen hat und welche Strafe derjenige verdient, fragt Restorative Justice: Wer ist durch die Tat verletzt worden? Welche Bedürfnisse haben die durch die Tat geschädigten bzw. beeinträchtigten Personen? Und: Wessen Verantwortung ist es, diese Bedürfnisse zu befriedigen?
Bei Restorative Justice geht es um die Aufarbeitung sozialer Konflikte. Kriminalität ist hier nicht die Übertretung einer Regel oder der Verstoß gegen eine abstrakte juristisch-moralische Ordnung, sondern die Schädigung des Opfers und die Beeinträchtigung des friedlichen und sicheren Zusammenlebens einer Gemeinde („community“). Ziel ist es, den durch eine Straftat entstandenen Schaden wiedergutzumachen und somit einen Heilungsprozess für das Opfer, den Täter und die Gemeinde zu ermöglichen (Reintegration des Täters, Wiederherstellung sozialer Beziehungen…). Dabei geht es um mehr als nur eine rein materielle Wiedergutmachung des Schadens. Eine gewichtige Rolle spielen hierbei insbesondere der Dialog zwischen Täter und Opfer und die Verantwortungsübernahme des Täters für seine Tat.
JL schreibt
und vergessen sollte man nicht, dass Howard Zehr ein folgenreiches Buch zur Konzeption von Kriminalitätsgeschichte veröffentlicht hat: Crime and the Development of Modern Society: Patterns of Criminality in Nineteenth Century Germany and France (London, UK: Croom Helm, 1976). S. http://www.emu.edu/personnel/people/show/zehrh und http://books.google.de/books?id=n88OAAAAQAAJ&printsec=frontcover&dq=howard+zehr&lr=&as_brr=0&as_pt=ALLTYPES#PPP1,M1
Besten Dank und Grüße!
David Neufeld schreibt
In unserem Verlag ist im Herbst ein Buch von Howard Zehr erschienen:
http://www.amazon.de/Fairs%C3%B6hnt-Restaurative-Gerechtigkeit-werden-k%C3%B6nnen/dp/3937896961/ref=sr_1_1?ie=UTF8&qid=1311324570&sr=8-1