Ein Schwarzfahrer, der in der JVA Celle-Salinenmoor (Niedersachsen) eine achtmonatige Haftstrafe verbüßt, wurde im Januar von zwei Mithäftlingen in der Nacht vom 19. auf den 20. Januar 2008 während mehr als 5 Stunden wiederholt zu Anal- und Oralverkehr gezwungen, auf Kopf, Hals und ins Gesicht geschlagen und getreten (50 Schläge) und zum Suizid durch Erhängen an einem aus Geschirrtuchfetzen geknoteten Strick aufgefordert. Trotz seiner lebensgefährlichen „Einblutungen“ verbrachte er noch eine Nacht mit seinen Peinigern. Am Montagnachmittag bat er – der schon sechs Tage nach seinem Einzug in die Gemeinschaftszelle vergeblich um eine Einzelzelle gebeten hatte und fortan wie eine Art Sklave gehalten worden sein soll – einen Bediensteten um die Erlaubnis, in einer anderen Zelle schlafen zu dürfen. Diese Bitte wurde abgelehnt. Das Opfer habe den Wunsch nach einer Einzelzelle – die rechtlich die Normalform der Unterbringung gewesen wäre – „nicht so dringend vorgetragen“; deshalb habe man nicht reagiert. Auch sollen keine Verletzungen bemerkt worden sein. Erst am zweiten Morgen nach der Tat habe ein weiterer Mithäftling, dem sich das Opfer anvertraut hatte, die Sache publik gemacht – und erst daraufhin, im Laufe des Dienstags, seien die lebensgefährlichen Verletzungen (u.a. Jochbeinbruch) vom Anstaltsarzt festgestellt worden. So jedenfalls der Bericht von Oberstaatsanwalt Bernd Kolkmeier. In der Folge wurde das Opfer dann auch verlegt. Die beiden Peiniger stehen unter Anklage wegen gefährlicher Körperverletzung. Ihr Opfer wurde in eine andere Anstalt verlegt. Von einer psychotherapeutischen Betreuung, von Plänen einer sofortigen Haftentlassung oder Entschädigungsangeboten seitens der Justizverwaltung, in deren Obhut sich die Vorfälle abspielten, ist nichts bekannt geworden.Reaktion der JVA: Die JVA meldete den Vorfall nach eigenen Angaben noch am 22.01.08 der Polizei, der Staatsanwaltschaft und dem Justizministerium. Allerdings gelangte die Nachricht erst geraume Zeit nach der Landtagswahl (27.01.08) an den Landtag (06.02.08) und noch später an die Presse (19.03.08).
Reaktion der Politik: Der (neue) Justizminister des Landes Niedersachsen, Bernd Busemann, sprach von einem „bedauerlichen Einzelfall“ (Klein 2008). Der Fall hatte sich zur Amtszeit seiner Amtsvorgängerin zugetragen.
Reaktion der Kriminologie: Der Kriminologe Christian Pfeiffer, einst selbst Justizminister des Landes Niedersachsen, bezweifelte die Einzelfallthese und fragte zudem: „Warum hat beispielsweise die Anstalt dem Wunsch des Häftlings nicht nachgegeben, in eine Einzelzelle verlegt zu werden? … Jetzt sind noch 22 Prozent der Gefangenen in Gemeinschaftsunterkünften – das ist viel zu hoch.“