Zwang und ein neuer Umgang mit Jugendlichen werden nicht nur in der durch den Wahlkampf in Hessen (wieder einmal) massiv angeschobenen Debatte thematisiert. Auch in der sozialpädagogischen Fachwelt wird über das Brechen von Tabus und die Notwendigkeit neuer Positionen zu Zwangsmaßnahmen diskutiert. Auch wenn sie leiser und sachlicher geführt wird, ist diese Debatte gerade in der aktuellen medialen und politischen Diskussion brisant: Zwar sind weder die mediale und politische Thematisierung der Jugend als gefährliche Gruppe, der mit Grenzziehung, Zwang und Ausschluss begegnet werden muss, noch die darauf folgenden immer wiederkehrenden politisch-medialen Forderungen nach entsprechenden Maßnahmen besonders neu.
Relativ neu – und darum geht es u.a. in diesem Heft – sind jedoch zum einen die kritisch-verhaltene bis offene Zustimmung von Seiten der Jugendpolitik, Jugendarbeit und von Experten, die C.W. Müller 2004 in einem kurzen Artikel auf den Punkt gebracht hat: „Waren viele Pädagogen und Jugendpolitiker früher einmal davon ausgegangen, dass die Jugendphase der passagere und lustvolle Durchgang zu neuen Ufern wäre, so sieht es jetzt aus, als wollten wir Jugend als eine Krankheit betrachten und fürchten, die es zu therapieren gilt“ (Müller, C.W.: Versozialarbeiterung autonomer Jugendarbeit. In: Jugendhilfe 42, S. 65). Und, so könnte man ergänzen, bei dieser ‚Therapie’ stellt sich die Frage nach den legitimen Mitteln erneut.
Diese Debatte in der Fachwelt war der Anlass für die WIDERSPRÜCHE, ein Heft zu dieser Thematik zu produzieren, in dem Gegner und Befürworter zu Wort kommen. Dabei geht es ausdrücklich nicht um die „Scharfmacher Diskurse“, sondern um eine nüchterne und durchaus kritische Diskussion innerhalb der progressiv-kritischen Fachwelt. Neben Mathias Schwabe kommen Timm Kunstreich, Burkhard Müller, Susanne und Michael May, Sabine Pankofer und Helga Cremer–Schäfer zu Wort.
Anbei das ausführliche Editorial als pdf-Datei: Editorial zu “Wer nicht hören will, muss fühlen?”
Hallo Tilman,
als Nicht-Sozialpädagoge, dennoch jobbedingt pädagogisch „vorbelasteter“ Beobachter der aktuellen Debatten – wenn man sie denn so nennen mag – freue ich mich über diese prägnante Darstellung eines scheinbar sehr lesenswerten Heftes. Vielen Dank dafür 🙂
BG
Holger