Vielleicht eine Anmerkung zu dem informativen Beitrag über das Satellitensystem der Bundeswehr „SAR-Lupe“. Am 09.01.2008 lief dazu auch ein Beitrag auf Deutschlandradio Kultur. Wie man dort berichtete, ist die Installation dieses Systems weitgehend von der Bevölkerung nicht wahrgenommen worden? Warum wohl? War der Mehrzahl der Medien vielleicht wieder ein „Sexmonster“ oder ein „jugendlicher Amokläufer“ oder einfach nur „Knut-der Eisbär“ wichtiger? Steckt da System hinter, oder ist es Zufall. Gibt es vielleicht demnächst auch Berichte über: „Desinformations- und Intoxikations-Fabriken“, deren Ziel es ist „Freund und Feind in die Irre zu führen“, wie Peter-Scholl-Latour es für Amerika, in seinem neuesten Buch: „Russland im Zangengriff“ (Seite 361) resümiert?
Es nimmt mir nicht die Besorgnis, wenn in dem Artikel beschrieben wird, dass eine Vermischung von Bundeswehr- und Polizeiaufgaben kaum statt finden dürfte, etwa mit dem Hinweis, “Menschen seien auf den SAR-Lupe Bildern kaum zu erkennen”, um etwa “Demonstrationszüge […] auszumachen, sei SAR-Lupe deshalb nicht geeignet”. Dazu möchte ich drei Dinge sagen:
- Menschenansammlungen wie am G8-Gipfel-Zaun, die es trotz „massivstem Polizeiaufgebot in der Geschichte der Bundesrepublik“ geschafft hatten, von der Polizei unbemerkt den äußeren Ring zu überwinden, können eindeutig frühzeitig erkannt werden. Sar-Lupe bildet somit eine neue qualitative Grundlage für effektivere polizeitaktische Reaktionsmöglichkeiten.
- Das im Wege der Amtshilfe die polizeiliche Nutzung der Bilder der Bundeswehr sehr wahrscheinlich ist, zeigen umgekehrt die Tornado-Einsätze während des G8-Gipfels 2007, wo mit Wärmebildkameras der Kampfjets die Demonstranten ausgespäht wurde.
- Ob die Angaben über die Auflösungsmöglichkeiten (0,8-1m) tatsächlich stimmen, bleibt dem geneigten Leser verschlossen. In dem besagten Beitrag vom Deutschlandradio Kultur wurde hingegen die Wirksamkeit des Systems und seine praxisrelevante Effektivität u.a. dadurch unter Beweis gestellt, dass man darüber berichtete, dass SAR-Lupe sogar einige Meter in die Erde „hineinsehen“ kann. So habe man nämlich auf dem Gelände des Bundeswehrcamps in Afghanistan einen Friedhof entdeckt, von dem niemand zuvor etwas gewusst hatte….
Die Kosten für dieses System wurden in dem Radio-Beitrag mit 350 Mio € beziffert. Dabei sind die laufenden Kosten für den Betrieb und die Wartung noch nicht einmal eingerechnet. Dies ist um so schmerzlicher, wenn man sich vor Augen hält, wie bei der Demontage sozialpolitischer Errungenschaften und kriminalpräventiver Notwendigkeiten immer wieder das Argument von den fehlenden finanziellen Mitteln ins Feld geführt wird.
Die Bundesrepublik nimmt es hin, dass lt. eines Berichtes in des ZDF-Magazin´s „Frontal“ vom 22.05.2007 jährlich 6000 Menschen für immer verschwinden, ohne jemals wieder aufgefunden zu werden. Ich habe noch von keinem Programm gehört, was 350 Mio € zur Verfügung stellt, diese Menschen wieder aufzufinden. Aber „unsere“ special forces: KSK suchen ja auch lieber in den Bergen Afghanistans nach Al Quaida als ihr Know How in der Bundesrepublik zum Auffinden der vermissten Menschen zum Tragen zu bringen.
Für die weltweiten Militäreinsätze der Bundeswehr, die doch eigentlich die Bundesrepublik und ihre Verbündeten vor Angriffen verteidigen soll, gibt man das Geld offenbar lieber aus. Da fragt sich doch der geneigte Leser, warum denn also bei unserer Bündniseinbindung in die NATO nicht die Bilder der verbündeten amerikanischen und französischen Satelliten ausreichen? Warum wohl muss Deutschland unbedingt eine so kostspielige eigene Satellitenaufklärung haben? Letztlich bleibt: Ein neuerliches zumindest potentielles Instrument im Gesamtgefüge von Lauschangriffen, Internetausspähung, biometrische Merkmale auf Personaldokumenten etc. zur intensivierteren und umfassenderen Kontrolle der Bürger, durch die Mächtigen.
Man sollte vielleicht dazu sagen, dass das Bildmaterial angeblich bis zu 11, 19 oder 33 Stunden braucht, um im „Satelliten- bzw. Nutzerbodensegment“ anzukommen. Flexibler einsetzbar – und günstiger in der Anschaffung – wäre vielleicht diese „ergänzende Beweissicherungstechnik“. 🙂
Als Grund für die Anschaffung des Systems wurde genannt, dass – laut Kriesel – während des Kosovo-Krieges „solche Bilder [von Flüchtlingsströmen etc.] nicht aktuell verfügbar waren von Dritten, von solchen, die die hatten.“ (vgl. das Sendemanuskript von NDR Info.
Zu Punkt 3: Der Satellit kann mitnichten unter die Erde schauen, Friedhöfe (oder meinetwegen auch Massengräber aus dem Serbienkonflikt) erkennt man an den Veränderungen der Erde, die beim graben entsteht. Das ist etwas, das am Boden nicht sichtbar ist, bei Aufnahme mit geeigneten Kameras ist das dann aber leicht zu entdecken. Diese Art der Fernerkundung spielt übrigens auch in der Archäologie eine zunehmende Rolle.