Der Bundesrat hat am Freitag in seiner 839. Sitzung als 17. Tagungspunkt das „Gesetz zur Neuregelung der Telekommunikationsüberwachung und anderer verdeckter Ermittlungsmaßnahmen sowie zur Umsetzung der Richtlinie 2006/24/E“ gebilligt.
Damit ist klar: Die Vorratsdatenspeicherung kommt. Ab Januar 2008 werden Handy-, Telefon-, E-mail- und Internet-Verbindungsdaten ein halbes Jahr lang gespeichert. Damit kann – mit richterlicher Genehmigung – in Erfahrung gebracht werden, wer, wann, mit wem, für wie lange kommuniziert hat. Bei Handygesprächen wird auch der Standort zu Beginn des Gespräches gespeichert.
In einem Abwasch wurden auch die Grenzen für eine telefonische Überwachung erweitert. Sie kann künftig auch bei Korruptionsdelikten, gewerbs- oder bandenmäßigem Betrug, schweren Steuerdelikten, Menschenhandel oder auch Verbreitung von Kinderpornografie angeordnet werden.
Ausgenommen von diesen Neuregelungen sind nur Berufsgruppen, die als besondere Geheimnisträger gelten. Dazu zählen Strafverteidiger und Seelsorger; achja … und Abgeordnete!
Natürlich hat der Gesetzgeber mit der Datenvorratsspeicherung nur die Sicherheit vor der allgegenwärtigen terroristischen Bedrohung im Auge. Ein ganz klein bisschen sollte das Gesetz aber vielleicht auch den Interessen der Musik- und Filmindustrie dienen, die ihre Gewinne durch ein paar Millionen Internetbreitbandanschlüsse bedroht sehen. Die Empfehlung des Rechtsausschusses eine direkte Auskunftspflicht an private Unternehmen einzuführen fand keine Mehrheit.
Der Rechtsausschuss empfiehlt dem Bundesrat […] eine Entschließung zu fassen. Mit der Entschließung ist die Aufforderung verbunden, in das Gesetz zur Verbesserung der Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums (Durchsetzungsgesetz) eine Bestimmung einzufügen, nach der eine Auskunft über Bestandsdaten unter Verwendung gespeicherter Verkehrsdaten auch zu zivilrechtlichen Zwecken [Hervorhebung: C.W.] möglich ist. Das neue Telekommunikationsgesetz beschränkt die Verwendung von gespeicherten Verkehrsdaten auf die Erteilung von Auskünften zu hoheitlichen Zwecken. Damit entstehe ein Widerspruch zu dem Auskunftsanspruch, den das so genannte Durchsetzungsgesetz Inhabern von Urheberrechten und gewerblichen Schutzrechten einräume. Dieser Anspruch laufe ins Leere, wenn der auskunftsverpflichtete Internetprovider nicht auf entsprechende Verkehrsdaten zurückgreifen dürfe.
[Quelle: Drucksache 798/07 II]
Damit stünde dann flächendeckenden Abmahnwellen und der Kriminalisierung ganzer Schulklassen nichts mehr im Weg – und das Ganze im Geiste der Terrorismusbekämpfung.
Holger Schmidt schreibt
So, nun möchte ich mich auch in meine „6-Monatsakte“ verewigen und nicht nur unproduktive Telefonate etc. führen. 😉
Denke auch, dass man in Zukunft öfter von zivilrechtlichen Abmahnungswellen hören wierd. Zwar spricht auch Bundesjustizministerin Zypries in einem Interview mit dem Focus davon dass „[…] Verbindungsdaten […] der Strafverfolgung [dienen], insbesondere der Bekämpfung von Terrorismus und organisierter Kriminalität, aber nicht der Befriedigung zivilrechtlicher Ansprüche der Musikindustrie“ aber wer weiss schon was die zukunft noch so bringt?
Das kurze Interview ist auch auf der Internetpräsenz vom Focus nachzulesen:
http://www.focus.de/digital/handy/datenspeicherung_aid_231013.html