Der Gesetzentwurf des Bundesrates „Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der Effektivität des Strafverfahrens“ Drucksache 17/2166 sieht es u.a. vor, dass Zeugen und Zeuginnen auf Ladung vor der Polizei verpflichtet werden können zu erscheinen und auszusagen (wenn dies i.A. der Staatsanwaltschaft geschieht).
http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/17/021/1702166.pdf
Bisher hat das geltende Strafverfahrensrecht keine Verpflichtung der Zeugen und Zeuginnen vorgesehen, vor der Polizei zu erscheinen und auszusagen. Es müssen zunächst bestimmte rechtsstaatliche Voraussetzungen geschaffen werden um diesen Zwang auszuüben. Lediglich Vorladungen der Staatsanwaltschaft oder des Gerichts sind bindend. Fraglich sind in diesem Zusammenhang auch die Regelung nach der Zeugnis- und Aussage- bzw. Auskunftsverweigerung.
Bedauert wird in dem Entwurf, dass in Fällen von „kleinere(r) und mittlere(r) Kriminalität (…) zu vernehmende Zeugen oftmals auf polizeiliche Ladung aus Bequemlichkeit, wegen damit verbundener Kosten oder wegen des erforderlichen Zeitaufwands nicht“ erscheinen würden. Desweiteren heißt es dort: „Die Strafverfolgungsbehörden haben es nicht selten mit wankelmütigen und bedrohten Zeugen zu tun, deren Aussagebereitschaft – auch bei der Polizei – gefördert werden sollte.“
Bereitschaft durch Zwang?
Betroffene von Menschenhandel zum Zweck der Arbeitsausbeutung oder zum Zweck der sexuellen Ausbeutung machen aus Angst vor den Tätern oft keine Zeugenaussage – nicht weil sie nicht wollen.
Hier wäre m.E. eine „Verbesserung der Effektivität des Strafverfahrens“ im verbesserten Schutz der ausgebeuteten Personen zu erreichen (gesicherter Aufenthalt, Existenzsicherung, gesundheitliche Versorgung, emotionale Stabilisierung) und nicht einem erneuten Zwang.
Die Frauenhauskoordinierung (FHK), der Bundesverband Frauenberatungsstellen und Frauennotrufe (bff), der Bundesweite Koordinierungskreis gegen Frauenhandel und Gewalt an Frauen im Migrationsprozess (KOK) und die BIG Koordinierung haben eine gemeinsame Stellungnahme zum Gesetzentwurf zur Verbesserung der Effektivität des Strafverfahrens vorgelegt. Sie sehen weitere Bereiche des Gesetzesentwurfes im Kontext des Opferschutzes kritisch.
Zu finden unter:
http://www.frauenhauskoordinierung.de/index.php?id=79&tx_ttnews[tt_news]=431&cHash=8372a59def