Die europäische Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht (EMCDDA) hat am gestrigen Mittwoch in Brüssel den aktuellen Jahresbericht vorgestellt.
In der Pressemitteilung (Direktlink zur deutschsprachigen Pressemitteilung im PDF-Format) wird u.a. auf folgende zentrale Punkte des Jahresberichts eingegangen:
Kokain und Heroin stehen nach wie vor im Zentrum der europäischen Drogenproblematik.
Kokain ist dabei nach wie vor (vor allem in den westlichen europäischen Ländern) die populärste Droge unter den illegalisierten Stimulanzien.
Die Zahl der europäischen Erwachsenen, die im Laufe ihres Lebens Kokain konsumierten, wird mit 13 Millionen beziffert, die der jungen Erwachsenen (15-34 Jahre) mit 7,5 Millionen. Die Konsumprävalenz unter den jungen Erwachsenen für die letzten zwölf Monate beträgt dabei zwischen 3,1% und 5,5% (Dänemark, Spanien, Irland, Italien und Vereinigtes Königreich).
In Bezug auf Heroin ist von einer „Stabilisierung der Lage“ ohne jedoch eine „rückläufige Tendenz zu belegen“ die Rede. Der Vorsitzende der EBDD, Marcel Reimen, wird mit der Aussage zitiert:
Auch wenn es gegenwärtig keine Belege für eine Rückkehr zur Heroinepidemie in den 80er und 90er Jahren gibt, sind die gesundheitlichen und sozialen Probleme als Folge des Heroinkonsums nach wie vor groß.
Aktuell ist in den meisten europäischen Ländern eine gesteigerte Nachfrage nach Behandlungsangeboten zu verzeichnen. In 2007 verzeichneten 12 von 18 Berichtsländern eine steigende Anzahl von drogeninduzierten Todesfällen im Vergleich zu den Vorjahren.
Populärer als Kokain ist Cannabis. 74 Millionen europäischer Bürger zwischen 15 und 64 Jahren geben an, bereits einmal Cannabis konsumiert zu haben, davon ca. 22,5 Millionen innerhalb der zurückliegenden 12 Monate.
Besondere Hervorhebung findet der rückläufige Konsumtrend von Cannabis unter Jugendlichen, der in fast allen Ländern für die letzten Jahre zu belegen ist. Dieser sinkenden Popularität in der Allgemeinbevölkerung steht eine Gruppe von schätzungsweise 2,5 der europäischen jungen Erwachsenen (15-34 Jahre) gegenüber, die einen intensiven (d.h. täglichen) Cannabiskonsum betreiben.
Besonderes Augenmerk widmen die Autoren auch sog. polyvalenten Konsummustern (also dem gleichzeitigen/ zeitnahen Konsum mehrere psychoaktiver Substanzen). Hierzu werden aktuelle Studienergebnisse einer Umfrage unter europäoischen Schülern (15-Jahre) zitiert, nach denen ein Mischkonsum weit verbreitet ist (Nikotin + Alkohol: 20%, Nikotin + Alkohol + Cannabis: 6%, Alkohol + Cannabis und/oder Zigaretten +Ecstasy oder Kokain oder Amphetaminen oder LSD oder Heroin: 1%). Die Autoren weisen in diesem Kontext auf ein erhöhtes Risiko toxischer Reaktionen sowie chronischer Gesundheitsprobleme hin und plädieren für verhältnispräventive Schutzmaßnahmen (Drogen- und Alkoholgesetzgebung, Leitlinien für eine sichere Clubszene).
Da bei allen polyvalenten Konsummustern Alkohol beteiligt sei, gelte es, dieser Substanz besondere Beachtung zu schenken. Diesbezüglich wird auf die Praxis des sog. „Rauschtrinkens“ (definiert als der Konsum von fünf oder mehr Gläsern Alkohol zu einer Gelegenheit) hingewiesen. In der ESPAD-Umfrage in 2007 gaben 43% der befragten Schülerinnen und Schüler an, Rauschtrinken innerhalb des letzten Monats praktiziert zu haben.
Ausführliche Informationen zum Thema polyvalenter Substanzenkonsum sind in dem Sonderberichtsheft (Selected Issue) Polydrug use: patterns and responses verfügbar.
Besondere kriminologische Relevanz hat darüber hinaus das Sonderberichtsheft zum Thema Drug offences: sentencing and other outcomes.